Seit Jahren streiten die EU und China um den Zugang von europäischen Unternehmen zu öffentlichen Aufträgen. Dabei ging es immer wieder auch um Medizinprodukte aus Europa. Nun macht Brüssel ernst und schließt chinesische Anbieter von öffentlichen Aufträgen für Medizinprodukte in der Europäischen Union aus. Das gilt für alle Aufträge mit einem Beschaffungswert von mehr als fünf Millionen Euro, wie die Europäische Kommission am Freitag mitgeteilt hat. Grundlage ist das Mitte 2022 in Kraft getretene „Instrument für das internationale Beschaffungswesen“, kurz IPI. Es ist das erste Mal, dass Brüssel davon Gebrauch macht.
„Unser Ziel ist, gleiche Wettbewerbsbedingungen für Unternehmen aus der EU zu schaffen“, sagte Handelskommissar Maroš Šefčovič. Die EU stehe bereit, diesen Konflikt im Dialog mit der Regierung in Peking zu lösen. Der europäische Markt für öffentliche Aufträge bleibe einer der am stärksten geöffneten Märkte der Welt, teilte die Kommission mit. Das habe China ermöglicht, seine Ausfuhr an Medizinprodukten in die EU zwischen 2015 und 2023 zu verdoppeln. Zugleich schließe China europäische Anbieter bei 87 Prozent aller öffentlichen Aufträge für Medizinprodukte aus oder stelle sie gezielt schlechter.
China kündigte an, die Interessen seiner Unternehmen entschieden schützen zu wollen. Die EU bewege sich in der Praxis zunehmend in Richtung Protektionismus, sagte ein Sprecher des Außenministeriums. Unter dem Vorwand des fairen Wettbewerbs betreibe Brüssel wettbewerbsverzerrende Praktiken. Das sei „ein klassischer Fall von Doppelmoral“.
Röntgen- und Beatmungsgeräte
Die EU hatte das IPI eigens dafür geschaffen, Druck auf China ausüben zu können. Es erlaubt der Kommission, Bieter aus Drittstaaten von öffentlichen Aufträgen auszuschließen oder auch deren Gebote mit einem Preisaufschlag zu versehen, wenn die Herkunftsländer ihre Märkte für öffentliche Ausschreibungen abschotten. Der Ausschluss ist dabei explizit als letztes Mittel gemeint. Formal richtet sich das Gesetz gegen alle Drittstaaten. Der Fokus lag aber stets auf China, das seinen Markt für öffentliche Aufträge nicht nur stark abschottet, sondern seinen Unternehmen zudem durch Subventionen ermöglicht, ihre Produkte in Europa billiger als die heimische Konkurrenz anbieten zu können.
Deutschland hatte sich jahrelang gegen das neue Instrument gewehrt und argumentiert, es fördere den Protektionismus. Berlin hatte aber schließlich in Reaktion auf die zunehmenden Klagen von Unternehmen über unfaire Wettbewerbsbedingungen im Handel mit China eingelenkt.
Der Ausschluss von öffentlichen Aufträgen gilt für die gesamte Spannbreite an Medizinprodukten, von Röntgen- und Beatmungsgeräten über Rollstühle bis zu Verbandsmaterial. Die Entscheidung sieht aber Ausnahmen für Geräte und Produkte vor, für die es keine anderen Anbieter gibt.
Das IPI-Verfahren zu den Medizinprodukten ist nach Angaben der Kommission das bisher einzige. Weitere Untersuchungen zur Einschränkung des Zugangs zu öffentlichen Aufträgen liefen momentan nicht.