Hassbotschaften im Tennis
Dann schrieb mir jemand: “Ich hoffe, Du stirbst”
20.06.2025 – 19:44 UhrLesedauer: 5 Min.

Immer mehr Profis beklagen Bedrohungen und Beleidigungen in den sozialen Medien. Die deutsche Ex-Spielerin Andrea Petković berichtet von ihren eigenen Erfahrungen – und spricht über Lösungen.
Es ist das Thema, das den Tennissport aktuell abseits vom Geschehen auf den Courts umtreibt. Das Thema, das Spielerinnen und Spieler beschäftigt und belastet. Denn zuletzt nahmen die Klagen der Stars über Bedrohungen und Beleidigungen in den sozialen Medien zu.
Auch am Rande der Berlin Tennis Open, die noch bis 22. Juni laufen, berichteten Spielerinnen von ihren Erfahrungen. Die deutsche Eva Lys erklärte, Ziel von Hassnachrichten und Bedrohungen geworden zu sein – nicht nur in den sozialen Medien, sondern sogar persönlich “im realen Raum”. Die French-Open-Siegerin und Weltranglistenzweite Coco Gauff berichtete, sie erhalte ständig “Beleidigungen, rassistische Kommentare, Nacktfotos, die ganze Bandbreite.” Es sei “einfach ekelhaft”.
Ein Problem, das auch Andrea Petković beschäftigt. Die 37-Jährige, über viele Jahre eine der besten deutschen Tennisspielerinnen, ist als “Director of Excitement” Botschafterin des hochkarätig besetzten Rasenturniers in Berlin, das viele Spielerinnen als Vorbereitung auf Wimbledon (Start 30. Juni) nutzen.
Beim Turnier hat die frühere Weltranglisten-Neunte mit t-online über ihre eigenen Erfahrungen mit Droh- und Hassbotschaften gesprochen – und auch über mögliche Lösungen.
t-online: Andrea Petković, 2024 sagten Sie zu t-online: “Ich glaube, dass die sozialen Medien eher Positives bewirkt haben” für das Tennis und seine Stars. Nun haben zuletzt wieder die Meldungen von Spielerinnen und Spielern zu Bedrohungen und Beleidigungen zugenommen. Muss umgedacht werden?
Andrea Petković: Ich glaube immer noch, dass die sozialen Medien Spielerinnen und Spielern die Kontrolle über ihr eigenes Narrativ erlauben. Sie ermöglichen ihnen auch, über Verdienste durch Posts in Kooperation mit Werbepartnern die Unkosten, die im Tennis anfallen, zu kompensieren. Diese Option hatten wir früher beispielsweise nicht. Da hatte man während eines Turniers stets im Hinterkopf: Ich muss jetzt die nächsten beiden Runden gewinnen, weil ich gerade Trainer und Physiotherapeut bezahlt habe und nun 10.000 Euro im Minus bin (lacht). Das hat sich geändert, und das ist natürlich zu begrüßen. Aber: Ein anderer Punkt führt uns alle ins Social-Media-Verderben.
Das Geschäft mit Sportwetten, das muss man leider so sagen.

Sie sprechen damit den Bericht der WTA (Damentennis-Weltverband, Anm. d. Red.) an. Von 8.000 im vergangenen Jahr als beleidigend, bedrohend oder gewalttätig eingestuften Posts und Kommentaren gegen Tennisspielerinnen seien allein 40 Prozent ausschließlich von “wütenden Wettern” gekommen.
Das sind Leute, die offenbar teilweise ihr komplettes Gehalt auf eine Spielerin oder einen Spieler setzen, auf ein Match in einem Turnier – und gar nicht auf die Idee kommen, dass das vielleicht keine gute Idee sein könnte.
Die spanische Weltranglistenzehnte Paula Badosa erzählte auf einer Pressekonferenz in Berlin, sie hätte sogar schon Nachrichten von Wettern erhalten, die von ihr das verlorene Geld zurückgefordert hätten, weil sie ja für den Verlust verantwortlich sei.
Das ist komplett verrückt. Ich habe das ja selbst erlebt in meinen letzten Karrierejahren, in denen ich nicht mehr unter den Top-30 der Welt und dadurch bei Turnieren nicht gesetzt war.
Das bedeutete, dass Sie schon in den ersten Turnierrunden auf stärkere Gegnerinnen trafen.
Richtig. Und dann bekam ich solche wütenden Nachrichten, obwohl ich gewonnen hatte. Warum? Weil ich eine Favoritin, auf die viel Geld gesetzt wurde, besiegt hatte. Ich konnte es also einfach nicht richtig machen (lacht). Ich bin aber nach einer Weile zu einer Praxis übergegangen, die heute meiner Beobachtung nach viele Spielerinnen und Spieler befolgen.