Iran führt festgenommenen Deutschen öffentlich vor

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Die iranische regimetreue Nachrichtenagentur Mehr hat am Samstag behauptet, dass ein Deutscher in der Nähe eines Militär- und Nukleargeländes in der Provinz Markazi wegen angeblicher Spionage festgenommen worden sei. Nach Informationen der F.A.Z. befindet sich der Mann allerdings bereits seit einem Jahr in Haft.

Die Agentur veröffentlichte ein Video, in dem der Eindruck erweckt wird, seine Festnahme stehe im Zusammenhang mit dem Krieg gegen Israel und sei das Ergebnis einer erfolgreichen Spionageabwehraktion. Der Mann, augenscheinlich ein Fahrradtourist, wird in dem Video vorgeführt und namentlich genannt.

Es fällt auf, dass das Video veröffentlicht wurde, kurz nachdem der iranische Außenminister Abbas Araghchi am Freitag in Genf den deutschen Außenminister Johann Wadephul (CDU) gemeinsam mit dessen britischen und französischen Amtskollegen und der EU-Außenbeauftragten Kaja Kalas getroffen hatte.

Die Vermutung liegt nahe, dass Teheran den festgenommenen Deutschen als Faustpfand nutzen will, um Zugeständnisse von der Bundesregierung zu erpressen. Aktuell geht es in den Gesprächen zwischen Iran und den drei europäischen Staaten auch um die Frage, ob die Europäer den sogenannten Snapback-Mechanismus aus dem Atomabkommen von 2015 aktivieren und damit UN-Sanktionen gegen Iran wieder einsetzen, die im Rahmen der Wiener Übereinkunft ausgesetzt worden waren. Das Abkommen läuft im Oktober aus.

Festgehaltene Touristen aus Frankreich und Großbritannien

Der Eindruck, dass die öffentliche Vorführung des festgenommenen Deutschen damit in Zusammenhang stehen könnte, wird durch den Umstand verstärkt, dass Iran seit etwa einem halben Jahr auch zwei britische Motorradfahrer als Geiseln hält. Ein französisches Ehepaar, das nach Angaben ihrer Familie ebenfalls als Touristen nach Iran gereist war, befindet sich bereits seit 2022 in der Gewalt Teherans. Der französische Präsident Emmanuel Macron hatte am Freitag verkündet, die drei Länder würden Iran einen Vorschlag für Verhandlungen vorlegen, in denen es neben Fragen des Atomprogramms auch um eine Freilassung der „Geiseln“ gehen solle.

In dem von der Agentur Mehr veröffentlichten Video heißt es, der deutsche Fahrradfahrer sei vom Geheimdienst der Revolutionsgarde observiert worden. Er sei in ein Gebiet abgebogen, das für Ausländer gesperrt sei. Gezeigt wird auch eine vermeintliche Befragung in englischer Sprache, aus der einige aus dem Zusammenhang gerissene Aussagen des Mannes zitiert werden. Unter anderem sagt er, er habe mit jemandem vereinbart, regelmäßig seinen Standort zu teilen.

Das Video erweckt den Eindruck, in dem Fall gehe es um die Identifizierung von Standorten von Raketensilos und Raketenabschussanlagen, die dann von Israel beschossen werden. „Er wurde von einem amerikanischen und einem jüdischen Verantwortlichen angewiesen, denen er Bilder von sensiblen Standorten schickte“, heißt es in dem Video.

Offensichtlich geht es den Machern auch darum, vermeintliche Erfolge im Kampf gegen israelische Geheimdienstoperationen zu präsentieren. Die Tatsache, dass sie dafür einen alten Fall von 2024 ausgraben, lässt vermuten, dass es an tatsächlichen Erfolgen mangelt. Israel hat mitgeteilt, dass es zwei Drittel der iranischen Raketenabschussrampen zerstört habe. Zudem ist es Israel dank einer tiefen geheimdienstlichen Durchdringung des iranischen Sicherheitsapparats gelungen, die iranische Militärführung sowie etliche Generäle der Revolutionsgarde auszuschalten.

Die Bundesregierung warnt seit Langem vor Reisen nach Iran, auch und gerade wegen der Gefahr, von Teheran als Faustpfand in Verhandlungen missbraucht zu werden. Neben Doppelstaatlern, die ihre iranische Familie besuchen, reisen dennoch immer wieder deutsche Abenteuertouristen mit dem Fahrrad oder Motorrad durch Iran. In sozialen Medien berichten sie oft, das Land sei ganz anders, als von westlichen Medien dargestellt.