Kommentar zum US-Angriff auf Iran: Das ist Trumps Krieg

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Das Regime in Teheran hat wohl bis zum Einschlag der ersten Bomben in Fordow nicht geglaubt, dass der amerikanische Präsident seinen Streitkräften den Befehl zum Angriff geben würde. Denn selbst Verhandlungen mit einem für die Mullahs schwer zu ertragenden Ergebnis wären für sie besser gewesen, als nun vor den rauchenden Trümmern ihrer jahrzehntelangen Anstrengungen zu stehen, zur Atommacht zu werden.

Was Trump seinen Anhängern versprochen hatte

Teheran aber setzte offenkundig darauf, dass seine Drohungen mit weiterem Beschuss Israels, mit Angriffen auf amerikanische Streitkräfte in der Region und mit Attacken auf eine Schlagader der Weltwirtschaft Trump davon abschrecken würden, Netanjahus Zerstörungswerk an den wichtigsten Stellen zu vollenden. Zweifellos hatten die Mullahs auch nicht vergessen, dass Trump seinen Anhängern versprochen hatte, sich nicht (wieder) in einen Krieg hineinziehen zu lassen.

Doch interessiert Trump nicht sein Geschwätz von gestern, wenn ihm heute jemand etwas anderes erzählt, das ihm auch großartig und wundervoll vorkommt. Einige seiner Berater und Netanjahu legten ihm sicher sehr eindrücklich dar, dass nun das „window of opportunity“ weit offenstehe, für einige Zeit die Gefahr auszuschalten, die von einer Atombewaffnung Irans ausginge – für Israel, die Golfregion und sogar Europa. Bekämen Terrorgruppen einen Atomsprengsatz in die Hände, müsste sich die ganze Welt fürchten.

Diese Gefahren waren aber selbst nach den intensiven israelischen Angriffen auf die iranischen Atomanlagen und den Attentaten auf Forscher noch nicht gebannt. Die tief in einen Berg gegrabene Anlage Fordow, in der Iran fast schon waffenfähiges Uran hergestellt und gelagert hatte, konnten die Israelis mit ihren Bomben nicht zerstören.

Netanjahu ließ Trump keine andere Wahl

Schon vor dem ersten israelischen Angriff war klar gewesen, dass nur die Amerikaner über dafür taugende Spezialbomben verfügen. Dass Trump dennoch eine Woche mit deren Einsatz zögerte, widerspricht seiner Behauptung, er und Netanjahu hätten großartig zusammengearbeitet. Der israelische Ministerpräsident hatte Trump keine andere Wahl gelassen, als zu vollenden, was Israel begonnen hatte. Teheran hätte erst recht mit Hochdruck an der Fertigstellung der Bombe gearbeitet, wenn ihm dazu Möglichkeiten geblieben wären.

Jetzt aber waren die Umstände für die Pulverisierung des Programms so günstig wie seit Jahrzehnten nicht. Israel hatte Irans Luftabwehr schon im vergangenen Jahr schwer dezimiert. Teherans Schattenarmeen, die Israel mit Raketen bedroht hatten, verdienen ihren Namen wie nie zuvor, denn sie sind nur noch Schatten ihrer selbst.

Washington hofft nun wie auch die Regierungen Europas darauf, dass die amerikanischen Drohungen mit weiteren Luftschlägen Teheran davon abhalten, dessen Drohungen gegen Amerika wahr zu machen. Dann wäre Trumps Krieg nur ein kurzer gewesen, ganz ohne amerikanische Opfer.

Was ist aus Sicht der Mullahs rational?

Das war am Tag nach dem amerikanischen Schlag gegen die drei wichtigsten iranischen Atomanlagen aber noch nicht ausgemacht. Die unmittelbare iranische Vergeltung mit ballistischen Raketen bekam Israel zu spüren. Teheran droht aber auch den Amerikanern mit Rache. Ein rational handelnder Akteur würde nicht die Eskalation suchen, wenn er wüsste, dass der Gegner ihm auf jeder Sprosse der Leiter militärisch so überlegen ist wie Amerika und Israel Iran. Doch was ist rational aus Sicht der Mullahs? Was ist für sie schlimmer: der Tod oder die Schmach? Wie bedroht von außen und innen fühlt sich das Regime, dessen Reihen Israel schon gewaltsam gelichtet hat? Wer gibt in den Bunkern Teherans den Ton an? Hat man dort noch ein realistisches Bild der Lage?

Aus der Nachbarschaft wie auch aus den europäischen Hauptstädten hört Teheran nur die Aufforderung, wieder mit Washington zu verhandeln – was für die Mullahs nach der Demütigung durch Israel und Amerika nicht leichter geworden ist. Auch Peking und Moskau können kein Interesse an einer Ausweitung des Krieges haben. China müsste nicht nur um seine Ölversorgung bangen, es würde auch von einer Talfahrt der Weltwirtschaft getroffen.

Putin will sich nicht mit Trump anlegen

Russland hatte zwar ein Abkommen mit Iran geschlossen und bezieht von dort Drohnen für seinen Krieg in der Ukraine. Doch will Putin sich nicht mit Trump anlegen und riskieren, dass der dann Kiew wieder stärker unterstützen würde.

Keine der Atommächte hat ein Interesse daran, dass ihr Club größer und damit gefährlicher wird. Trump und Netanjahu sorgten dafür, dass Iran sich nicht in nächster Zeit durch den Hintereingang einschleichen kann, dem es, was alle Verhandlungen nicht verhindern konnten, schon sehr nahe gekommen war. Doch mussten sie für diesen Erfolg erhebliche Risiken in Kauf nehmen. Wie der Doppelschlag gegen Iran in den Geschichtsbüchern bewertet werden wird, hängt jetzt auch von der Reaktion eines Regimes ab, dem man bislang mit Recht immer auch das Schlimmste zugetraut hat.