„Wir sehen die Welt durch eine ähnliche Brille“

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Die EU und Kanada haben eine Sicherheitspartnerschaft geschlossen, die Kanada den Weg zu einer Teilnahme an EU-Rüstungsprojekten im Rahmen des 150 Milliarden Euro schweren SAFE-Programms ebnet. Man werde nun rasch Gespräche über die dafür noch notwendige Verwaltungsvereinbarung beginnen, kündigte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am Montagabend nach einem Gipfeltreffen beider Seiten in Brüssel an. Die Zusammenarbeit im Rüstungsbereich werde für beide Seiten, aber auch für die Ukraine von Vorteil sein. Der kanadische Premierminister Mark Carney nannte die Herstellung von Munition, Luft- und Raumfahrt, Cyberabwehr und KI als mögliche Kooperationsfelder.

Für die EU ist die Sicherheitspartnerschaft das dritte Abkommen mit einem Land außerhalb Europas, nach Japan und Südkorea. Nach Angaben eines EU-Beamten handelt es sich zugleich um das am weitesten reichende Abkommen. Dies gilt auch im Vergleich zum Vereinigten Königreich, mit dem die EU im Mai eine solche Vereinbarung getroffen hatte. Kanada unterhält schon seit 2025 einen Dialog über Fragen von Sicherheit und Verteidigung mit der EU. Es nimmt zudem an Verteidigungsprojekten teil, welche die EU-Staaten im Rahmen der verstärkten Zusammenarbeit (Pesco) vorantreiben. Dazu gehört etwa die Verbesserung der militärischen Mobilität in Europa. Beide Seiten sehen ihre Zusammenarbeit auch im Dienst der NATO, wo Kanada etwa eine multinationale Kampfeinheit in Lettland führt.

Die Spitzenvertreter beider Seiten hoben ihre besondere Verbundenheit hervor und grenzten diese gegen die USA ab, ohne das Land beim Namen zu nennen. EU-Ratspräsident António Costa sprach von einer „noch nie dagewesenen Nähe“. „Wir sehen die Welt durch eine ähnliche Brille und stehen für dieselben Werte“, sagte er. Carney sprach von einem „Scharniermoment der Geschichte“. In einer Zeit, da die regelbasierte internationale Ordnung bedroht sei, könne man entweder „nostalgisch zurückblicken und uns danach sehnen, dass die alte Ordnung irgendwie zurückkehrt“. Das bezog sich offenbar auf das ehedem enge Verhältnis zu Washington. „Oder wir können zielstrebig und partnerschaftlich eine neue Ordnung aufbauen“, sagte der liberale Politiker. Und da blicke Kanada „als europäischstes nicht-europäisches Land“ zuerst in Richtung der Europäischen Union.

Beide Seiten sind durch das Umfassende Wirtschafts- und Freihandelsabkommen (CETA) verbunden, das schon seit 2017 vorläufig angewendet wird, obwohl die Ratifizierung noch nicht abgeschlossen ist. Seitdem ist das Handelsvolumen um 17 Prozent gewachsen; 2023 betrug es 123 Milliarden Euro. Von der Leyen hob hervor, dass 98 Prozent der Güter zollfrei gehandelt würden. Kanada exportiere 90 Prozent seiner Mineralien, und die EU sei der zweitgrößte Kunde. Die Beziehungen sollen weiter vertieft werden, etwa im digitalen Bereich. „Lasst uns unsere Supercomputer vernetzen“, sagte von der Leyen. Außerdem soll es einen regelmäßigen Dialog zur Industriepolitik geben.