In der Nacht zum Montag hat Russland abermals die ukrainische Hauptstadt Kiew mit Drohnen und Raketen angegriffen. Dabei wurden mindestens sieben Menschen getötet und 34 verletzt, darunter mehrere Kinder. Fernsehbilder zeigten einen fünfstöckigen Wohnblock im Kiewer Stadtteil Schewtschenkiwskyj, der einen Volltreffer abbekommen hatte und teilweise bis zum Erdgeschoss zerstört wurde. Die Druckwelle habe zudem ein gegenüberliegendes Wohnhochhaus mit 25 Etagen beschädigt, erklärte Kiews Bürgermeister Vitali Klitschko. Dort hätten zehn Menschen, darunter ein Kind und eine Schwangere, gerettet werden können. Am Morgen waren Rettungskräfte in den Trümmern auf der Suche nach weiteren Opfern. Zugleich war der Katastrophenschutz mit Großgeräten dabei, zerstörte Autos und gesplitterte Bäume zu beseitigen und die Straßen von Trümmern zu beräumen.
Erst in der vergangenen Woche waren bei einem russischen Großangriff auf Wohngebiete Kiews 28 Menschen ums Leben gekommen und mehr als 130 verletzt worden. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj bezeichnete den Angriff, bei dem Russland auch iranische Shahed-Drohnen einsetzte, als „völlig zynisch“. Während Moskau am Wochenende den Angriff auf iranische Atomanlagen als völkerrechtswidrig verurteilt habe, schweige die russische Führung, nachdem ihre eigene Armee sein Land bombardiere. Auch in anderen Regionen der Ukraine waren dabei in der vergangenen Nacht Menschen ums Leben gekommen, die Behörden meldeten insgesamt 13 Todesopfer.
Den ukrainischen Luftstreitkräften zufolge griff Russland das Nachbarland mit 352 Drohnen, darunter 159 Shaheds, sowie 16 Raketen an. Die ukrainische Flugabwehr habe „eine große Anzahl“ der Flugobjekte abschießen können. Berichte deuteten darauf hin, dass darunter auch ballistische Waffen aus Nordkorea gewesen seien, schrieb Selenskyj auf der Plattform X. „Alle in den Nachbarländern Russlands, Irans und Nordkoreas sollten sorgfältig darüber nachdenken, ob sie Leben schützen können, wenn diese Mörderkoalition weitermacht und ihren Terror verbreitet“, erklärte Selenskyj mit Blick auf die Kooperation zwischen Russland, Iran und Nordkorea. Irans Waffenhilfe für Russland habe der Ukraine „massive Zerstörung und verheerende Verluste an Menschenleben“ gebracht.
Russland hat große Teile des Gebiets Kursk zurückerobert
Nordkorea wiederum hatte eine fünfstellige Zahl an Soldaten entsandt, um Russland bei der Rückeroberung des im vergangenen Sommer von der Ukraine besetzten Teils des Gebiets Kursk zu unterstützen. Das war den russischen Truppen jedoch erst im Frühjahr dieses Jahres größtenteils gelungen. Von den einst rund 1300 Quadratkilometern unter ukrainischer Kontrolle seien noch etwa 90 Quadratkilometer geblieben, erklärte der ukrainische Oberbefehlshaber Olexandr Syrskyj am Wochenende. Zurzeit versuchten russische Streitkräfte in einer „Sommeroffensive“ entlang der gesamten, 1200 Kilometer umfassenden, Frontlinie in der Ostukraine vorzustoßen und zugleich eine „Pufferzone“ im Nordosten des ukrainischen Gebiets Sumy zu errichten.
Der Ukraine sei es gelungen, den russischen Vormarsch in Sumy zu stoppen, sagte Syrskyj dem Portal „Kyiv Independent“ zufolge. Die Lage habe sich stabilisiert, die ukrainische Armee habe einzelne Orte zurückerobert und rücke langsam vor. An der gesamten Front habe sich die Ukraine bis Mitte Juni gegen 695.000 russische Soldaten verteidigt. Syrskyj zufolge habe Russland weitere 440.000 Vertragssoldaten für dieses Jahr rekrutiert. Dem ukrainischen Analyseportal „DeepState“ zufolge dringt Russland weiter langsam, aber stetig in den zum Teil besetzten ukrainischen Gebieten vor. Im Mai hätten russische Streitkräfte 449 Quadratkilometer Land erobert, so viel wie noch nie in diesem Jahr.
Zuletzt waren russische Truppen von Donezk aus bis an die Grenze des noch unbesetzten Gebiets Dnipropetrowsk gelangt. Syrskyj bestätigte, dass sich der Feind der Verwaltungsgrenze genähert habe, er sei aber zurückgeworfen worden. Die Ukraine werde jedoch „nicht in blinder Verteidigung verharren“. Vielmehr kombiniere man defensive Aktionen mit aktiver Verteidigung und Offensivoperationen. Deshalb würden die ukrainischen Angriffseinheiten, die für die Besetzung von Kursk geschaffen wurden, derzeit aufgestockt, um sie „in allen Bereichen der Front“ einzusetzen.