So laufen Vogelspinnen mit nur sechs Beinen

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Uns Menschen erscheint es oft bizarr, aber im Tierreich ist die Selbstamputation, fachsprachlich Autotomie genannt, keine Seltenheit: Eidechsen entledigen sich bei Gefahr ihrer Schwänze, Seesterne ihrer Arme, Krebse werfen ihre Scheren ab. Auch Spinnen können im Ernstfall auf ein oder mehrere Beine verzichten. Besonders einzuschränken scheint sie das nicht, wie eine Studie im Journal of Experimental Biology zeigt.

„Etwa 40 Prozent aller Spinnenarten sind dazu in der Lage“, sagt Brooke Quinn, Biologin von der Brown University in Providence, Rhode Island. Sie und ihr Team klebten Jungtiere der Vogelspinnen-Art Davus pentaloris mit zwei Beinen am Boden fest. Die Spinnen liefen kurzerhand mit den nicht festgeklebten sechs Beinen weiter -– und die Forscher filmten, wie das ihren Gang beeinflusste.

„Normalerweise müsste man erwarten, dass der Verlust zweier Gliedmaßen das motorische System der Tiere stark beeinträchtigt“, sagt Quinn. „Aber das ist nicht der Fall, sie passen sich unglaublich schnell an.“ So waren die Tiere kaum langsamer, wenn sie weniger Beine hatten. Direkt nach dem Verlust liefen sie zwar etwas langsamer, aber schon einen Tag später waren sie wieder genauso schnell wie vorher. In dem Video sehen sie zwei unterschiedliche Spinnen, eine mit acht und eine mit sechs Beinen. Bezogen auf ihre Körpergröße laufen sie ungefähr gleich schnell.

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Die Forscher hatten im Vorfeld Hypothesen aufgestellt, wie die amputierten Tiere laufen würden. Eine lautete: Die Spinnen setzen abwechselnd je vier und zwei Beine auf. Die andere Hypothese: Sie behalten, ähnlich wie Ameisen, jeweils immer drei Beine auf dem Boden, also zwei auf einer Seite und eines auf der anderen.

Ganz so berechenbar waren die Tiere nicht. Sie wechselten unregelmäßig zwischen beiden Varianten, schienen also teils zu hinken, teils wie eine Ameise zu laufen. Nur eine Sache blieb konstant: „Um den Verlust auszugleichen, spreizten die Spinnen die verbleibenden Gliedmaßen weiter auseinander“, sagt Quinn.

Die Spinnen lernten zwar rasch – aber anscheinend nicht dazu. Nach einem Monat waren die Gliedmaßen nachgewachsen und die Forscher wiederholten das Experiment. Das Ergebnis blieb dasselbe: Wieder benötigten die Tiere einen Tag, um auf die volle Geschwindigkeit zu kommen, und wieder zeigten sie ihre ungewöhnliche Gangart.