Höhere Mütterrente kommt wohl nicht vor 2028

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Die schwarz-rote Koalition will auf Drängen der CSU ein weiteres Mal die sogenannte Mütterrente erhöhen. Allerdings erweist sich das Vorhaben jetzt nicht mehr nur finanziell als anspruchsvoll, da mit Mehrausgaben von jährlich etwa viereinhalb Milliarden Euro gerechnet wird. Auch die Umsetzung durch die Rentenversicherung ist komplizierter und zeitaufwendiger als gedacht. Die Auszahlung der höheren Leistungen kann frühestens in zweieinhalb Jahren beginnen. Das kündigte die Bundesvorstandsvorsitzende der Deutschen Rentenversicherung, Anja Piel, am Dienstag an.

„Auch wenn die Mütterrente III bis Ende dieses Jahres beschlossen wird, werden wir sie erst ab 2028 auszahlen können“, betonte Piel in einer Rede auf der Bundesvertreterversammlung der Rentenkasse in Münster. Von der damit notwendigen Neuberechnung von Rentenansprüchen seien mehr als zehn Millionen Versicherungskonten betroffen. Denn mehr als drei Viertel der heutigen Rentnerinnen sind mütterrentenberechtigt, könnten also von der Erhöhung profitieren, die sich auf rund 20 Euro monatlich je Kind beläuft.

Allerdings gibt es rechtliche Komplikationen, die eine Umsetzung erschweren, wie Peil erläuterte: „Bei der zur Umsetzung notwendigen Programmierung kann nicht auf die Programmierungen der bereits umgesetzten Mütterenten I und II zurückgegriffen werden.“ Das liege daran, dass es in den vergangenen Jahren mehrere Gesetzesänderungen gegeben habe, die nun neu zu berücksichtigen seien.

Komplizierte Wechselwirkungen mit anderen Sozialleistungen

Außerdem gebe es Wechselwirkungen zwischen der Mütterrente und anderen Sozialleistungen. Die vermeintlich ein­fache Erhöhung der Mütterrente zöge also umfangreiche Neuberechnungen anderer Ansprüche nach sich. Außerdem seien die IT-Kapazitäten der Rentenversicherung derzeit noch durch die Umsetzung anderer, schon beschlossener Gesetze stark ausgelastet, allen voran durch das noch von der Ampel beschlossene „Erwerbsminderungsrenten-Bestandsverbesserungsgesetz“.

Piel, die auch Vorstandsmitglied des Deutschen Gewerkschaftsbundes (SGB) ist, trat obendrein Überlegungen entgegen, mit der Auszahlung der höheren Mütterrenten zwar erst 2028 zu beginnen, die Zahlungen dann aber trotzdem rückwirkend auch für die Jahre 2026 und 2027 zu gewähren. Auch das werde erhebliche Probleme auslösen, warnte sie. Denn in diesem Fall müssten alle Sozialleistungen, zu denen Wechselwirkungen bestehen, ebenfalls rückwirkend neu berechnet werden.

Piel: Rückwirkenden Korrekturerfordernisse vermeiden

Wenn beispielsweise ein Einkommen durch die Zahlung einer Mütterrente III steigt, könne dies unter Umständen dazu führen, dass eine im gleichen Zeitraum bezogene Hinterbliebenenrente nachträglich gekürzt oder ein ergänzender Anspruch auf Grundsicherung im gleichen Umfang gesenkt werden müsse. „Solche rückwirkenden Korrekturerfordernisse, die weit mehr als eine Million Versicherte treffen würden, sollten vermieden werden, auch wegen des damit verbundenen erheblichen bürokratischen Aufwands“, warnte sie.

Die Mütterrente bezeichnet eine rentenrechtliche Anerkennung von Kindererziehungszeiten, in denen keine Beitragszahlungen geleistet wurden. Für Mütter nach 1992 geborener Kinder werden dabei schon seit der Rentenreform vor mehr als 30 Jahren im Grundsatz drei Jahre Erziehungszeit je Kind anerkannt. Sie erhalten dafür auch ohne Beitragszahlung einen Rentenanspruch wie Beschäftigte, die zum Durchschnittslohn gearbeitet haben. Das sind monatlich zurzeit rund 120 Euro je Kind.

Für Mütter vor 1992 geborener Kinder wurde hierbei anfangs nur ein Jahr anerkannt. Ursprünglich war diese Unterscheidung damit gerechtfertigt worden, dass Frauen im alten Rentenrecht vor 1992 von anderen Sonderregelungen profitierten, etwa von der sogenannten Rente nach Mindesteinkommen und einer Regelaltersgrenze von 60 Jahren. Seit den Mütterrentenerhöhungen von 2014 und 2019 werden dennoch zweieinhalb Jahre anerkannt. Nun will die Koalition die aus Sicht der CSU verbliebene „Gerechtigkeitslücke“ schließen und den Anspruch auch für diesen Personenkreis auf drei Jahre erhöhen.

Im Koalitionsvertrag haben Union und SPD angekündigt, die Mehrausgaben diesmal aus Steuern zu finanzieren. Die Mütterrenten I und II werden hingegen zulasten der übrigen Beitragszahler finanziert. Diese Mehrausgaben machen rund 15 Milliarden Euro jährlich aus. Für die Haushaltsplanung von Finanzminister Lars Klingbeil (SPD), die für die kommenden Jahre trotz stark erhöhter Schuldenaufnahme noch Lücken enthält, könnte eine verzögerte Umsetzung der dritten Stufe hilfreich sein. Es würde sich dann auch der zusätzliche Kostenanstieg verzögern. Die Rentenversicherung und die Sozialpartner dort würden auf jeden Fall darauf achten, dass die Bundesregierung die versprochene Steuerfinanzierung liefere, betonte Piel.