Fusionen werden von Kartellbehörden oft nur unter bestimmten Auflagen genehmigt. Unternehmen werden zum Beispiel verpflichtet, sich von einzelnen Geschäftsbereichen zu trennen, um sich zusammenschließen zu dürfen. Eine Megafusion in der Werbeindustrie ist jetzt in den USA mit einer sehr ungewöhnlichen – und politischen – Bedingung verknüpft worden. Es geht dabei um Omnicom und Interpublic, die Mutterkonzerne diverser Werbeagenturen, die in einer auf mehr als 13 Milliarden Dollar dotierten Transaktion zur größten Werbeholding der Welt fusionieren wollen.
Die amerikanische Kartellbehörde FTC machte den Weg für die Fusion unter der Voraussetzung frei, dass der kombinierte Konzern unter seinen Kunden keine Werbeboykotte bestimmter Medien „auf Basis politischer oder ideologischer Standpunkte“ zu koordinieren versucht. Solche Boykotte drohten „nicht nur den Wettbewerb zwischen Werbeagenturen, sondern auch den öffentlichen Diskurs zu verzerren“, schrieb die FTC in einer Mitteilung. Omnicom und Interpublic stimmten den Restriktionen zu. Die Unternehmen haben noch in anderen Regionen der Welt Kartellhürden zu überwinden und hoffen, ihre Fusion im zweiten Halbjahr dieses Jahres zu vollziehen.
X und der Streit um Werbeumsätze
Mit ihrem Vorgehen gegen vermeintlich politisch motivierte Werbeboykotte agiert die FTC im Sinne von US-Präsident Donald Trump und der Republikanischen Partei, die Unternehmen oft Voreingenommenheit gegenüber konservativen Positionen vorgeworfen haben. Die Behörde kommt damit auch Elon Musk entgegen, dem Eigentümer der Online-Plattform X, der bis vor Kurzem auch zum engsten Beraterkreis von Trump gehörte.
X hat im vergangenen Jahr eine Klage gegen mehrere Unternehmen und Werbegruppen eingereicht und ihnen vorgeworfen, mit einem kollektiven Anzeigenboykott gegen Kartellgesetze zu verstoßen. Den Beklagten wurde vorgeworfen, X „Milliarden von Dollar an Werbeumsätzen“ vorenthalten zu haben. Musk hat X – damals noch Twitter – im Herbst 2022 übernommen und angekündigt, unter ihm solle es auf dem Dienst freiere Meinungsäußerung als vorher geben. Das alarmierte Werbekunden, die fürchteten, die Regeln für die Moderation von Inhalten könnten allzu sehr gelockert werden und ihre Anzeigen könnten neben fragwürdigen Einträgen stehen.
Die Organisation Media Matters veröffentlichte im Herbst 2023 einen Bericht, wonach auf X Anzeigen prominenter Unternehmen neben positiven Äußerungen über Hitler und Nazis zu sehen gewesen seien. Etwa zur gleichen Zeit sorgte Musk selbst mit zustimmenden Worten zu einem antisemitischen Eintrag auf X für Aufregung. X veröffentlicht seit dem Verkauf an Musk zwar keine ausführlichen Finanzdaten mehr, nach Einschätzung von Marktforschungsgruppen sind die Werbeumsätze der Plattform in dieser Zeit aber erheblich gesunken.
Die FTC ist fest in der Hand der Republikaner, seit Trump im März die zwei Vertreter der Demokratischen Partei im fünfköpfigen Führungsgremium entlassen hat. Die jetzt erzwungenen Auflagen für die Werbefusion werfen einige Fragen auf, etwa ob sie mit dem von der US-Verfassung garantierten Recht auf freie Meinungsäußerung vereinbar sind. FTC-Chef Andrew Ferguson sagte in einer Stellungnahme, dieses Recht werde nicht eingeschränkt, vielmehr seien große Anstrengungen unternommen worden, es zu wahren. Einzelne Unternehmen könnten weiterhin frei entscheiden, wo sie ihre Werbung schalteten. Verboten seien lediglich koordinierte Boykotte.
Eine andere Frage ist, wie die FTC die Umsetzung der Vereinbarung gewährleisten will, zumal auch nicht klar definiert ist, was unter „politische oder ideologische Standpunkte“ fällt. Konkret wird Omnicom verpflichtet, keine „Ausschlusslisten“ von Medien oder Onlineplattformen zu führen, die Werbekunden vermeiden sollten. Die Werbeholding muss über einen Zeitraum von fünf Jahren einen jährlichen Bericht vorlegen, aus dem hervorgeht, ob sie sich an die Anordnungen hält.