Rund um die zukunftsweisenden Quantentechnologien ist ein milliardenschwerer Investitionsboom entfacht. Allein in diesem Jahr werden die globalen Ausgaben für Forschung und Entwicklung verfünffacht. Nach Prognosen von McKinsey & Co werden 2025 zehn Milliarden Dollar (8,7 Milliarden Euro) in die Branche gesteckt. Im vergangenen Jahr waren es zwei Milliarden Dollar, im Jahr zuvor eine Milliarde Dollar.
Bei einer Fortsetzung dieser Entwicklung könnte ein ähnlicher Weg eingeschlagen werden wie einst bei den Systemen der Künstlichen Intelligenz (KI). Schien deren Entwicklung doch jahrzehntelang geradezu auf der Stelle zu treten, bevor um das Jahr 2015 Unternehmen wie Google, Microsoft und Nvidia auf die technischen Möglichkeiten aufmerksam und sich an die Erschließung des wirtschaftlichen Potentials machten.
Ein 100-Milliarden-Dollar-Markt
Wie aus dem aktuellen Quantum-Technology-Bericht des Beratungshauses McKinsey hervorgeht, könnte das Marktvolumen allein der drei großen Technologien Quantencomputing, Quantensensorik und Quantenkommunikation bis 2035 international ein Volumen von knapp 100 Milliarden Dollar erreichen. Dabei markiere 2025 einen Wendepunkt, erklärte Klemens Hjartar, Chef von McKinsey Technology. „Die Investitionen steigen, Innovationen beschleunigen sich, und die Branche entwickelt sich von der Forschung hin zu konkreten Anwendungen.“
Zwar sind Konzerne wie die US-Techriesen Microsoft, Google und Amazon oder die chinesische Konkurrenz Tencent und Alibaba längst engagiert. Auch gebe es Hunderte vielversprechende Start-ups, die im vergangenen Jahr 70 Prozent der Investitionen an sich zogen. Doch ein Großteil der Forschungs- und Entwicklungsgelder stamme nach wie vor aus öffentlichen Händen. Deutschland spiele als bislang drittgrößter öffentlicher Investor der Welt eine wichtige Rolle. Mit Förderzusagen von alles in allem mehr als vier Milliarden Euro werde im kommenden Jahr hierzulande unter anderem ein neuer universeller Quantencomputer gebaut.

Einer der Pioniere ist das Siegener Start-up Eleqtron , der erste deutsche Hersteller eines Quantencomputers. Die Gründer um Physikprofessor Christof Wunderlich arbeiten derzeit an neuartigen Quantenrechnern und haben es gerade auf die Liste des Weltwirtschaftsforums (WEF) der hundert Tech-Pioniere der Welt geschafft. Weltweit gibt es nach Einschätzung von McKinsey momentan 274 wirkliche Quanten-Start-ups.
Die derzeitigen Entwicklungen zeigten, dass Europa und Deutschland eine führende Rolle in der Welt spielten, sagt Henning Soller, Leiter der Quantum Technology Research Group von McKinsey. Die noch von der letzten Merkel-Regierung initiierten und von der Ampelkoalition dann forcierten öffentlichen Investitionen könnten sich noch als wichtig für die technologische Souveränität und wirtschaftliche Stärke Europas erweisen. Während die EU, China und die Vereinigten Staaten vor Jahren schon milliardenschwere staatliche, halbstaatliche und private Entwicklungsprogramme in Gang setzten, stieg nun auch Japan in das Rennen ein.
Japan nimmt viel Geld in die Hand
Tokio will durch einen allein in diesem Jahr mit 1050 Milliarden Yen (6,2 Milliarden Euro) gefüllten Fördertopf neue Quantencomputer und KI-Chips bauen. Im Quantenbereich wollen die Japaner so eine Weltmacht werden, in der Chipindustrie sind sie bereits auf dem Weg dorthin. Mit Unternehmen wie Tokyo Electron , Renesas und Rapidus sowie der umgerechnet rund 60 Milliarden Euro schweren Förderung will Nippon bis 2030 zu den Technologie-, Markt- und Branchenführern der Chipindustrie aus Taiwan und Südkorea aufgeschlossen haben.
KI-Chips seien eine Voraussetzung für die Entwicklung der Quantentechnologie von morgen, sagt Martina Gschwendtner, promovierte Physikerin und Beraterin von McKinsey. Könnten durch diese Spezialprozessoren doch Berechnungen ausgeführt werden, mit denen sich nicht nur erklären lässt, was die Welt im Innersten zusammenhält, sondern mit denen diese Kräfte auch gezähmt, gesteuert und gezielt genutzt werden könnten.
Die Expertenkommission Forschung und Innovation (EFI) der deutschen Bundesregierung hatte Quantentechnologie und KI schon 2021 als künftige wirtschaftliche Wachstums- und Wohlstandstreiber ausgemacht. Sie befürwortete daher die staatliche Förderung, koppelte ihre Empfehlung aber an den Aufbau privater und unternehmensorientierter Cluster. Es brauche politische Impulse, bis Märkte geschaffen seien und die Marktakteure eine gewisse Wettbewerbsfähigkeit erreicht hätten, erklärte EFI-Chef Uwe Cantner. Auf diese Marktreife steuert die Quantentechnologie nun zu.