Damit die Stilllegung deutscher Kohlekraftwerke Wirkung für den Klimaschutz entfalten kann, müssen die entsprechenden Zertifikate zum Ausstoß von Treibhausgasen vom Markt genommen werden. Sonst könnten die frei gewordenen Rechte zumindest teilweise für andere Kraftwerke oder Anlagen mit CO₂-Emissionen im Emissionshandel genutzt werden. Erstmals löscht Deutschland nun Zertifikate, um den Klimaeffekt des gesetzlich vorgesehenen schrittweisen Ausstiegs aus der Kohleverstromung bis spätestens 2038 abzusichern.
„Insgesamt werden Zertifikate im Umfang von 514.000 Tonnen CO₂ vom Markt genommen“, gaben das Bundesumweltministerium und das Umweltbundesamt am Mittwoch in einer gemeinsamen Mitteilung bekannt. Die Löschung werde von September an bis Jahresende erfolgen. Dafür würden die regulären deutschen Auktionsmengen im europäischen Emissionshandel reduziert. Das heißt, Deutschland kann die Zertifikate dann nicht mehr versteigern. So entgehen dem Land auch Einnahmen.
Streit mit der EU verhinderte ersten Versuch
Eigentlich sollte Deutschland schon viel früher Emissionszertifikate aus dem Verkehr ziehen. Doch daraus wurde nichts. Grund dafür war ein Streit zwischen der Bundesregierung und der Europäischen Kommission über die Berechnungsmethode der erzielten CO₂-Minderung. Weil die Kommission ihre abweichende Rechtsauffassung erst in den vorbereitenden Gesprächen zur Notifizierung im Jahr 2021 dargelegt habe, sei es nicht zur geplanten Löschung der Emissionsrechte gekommen, bestätigte das Bundeswirtschaftsministerium von Robert Habeck (Grüne) damals entsprechende Medienberichte. Die Emissionszertifikate für die Kohlekraftwerke, die 2020 und 2021 vom Netz gingen, verblieben also im System.
Mittlerweile haben Brüssel und Berlin den Streit über die richtige Berechnung der eingesparten Treibhausgasmengen aber beigelegt. Anfang April beschloss das Kabinett Merz Brüssel mitzuteilen, dass Zertifikate für Emissionseinsparungen aus dem Jahr 2023 gelöscht würden. Der CO₂-Ausstoß verminderte sich durch Abschaltung der Kraftwerksblöcke Neurath A und Frechen im Jahr 2022. Dadurch seien im Folgejahr rund 890.000 Tonnen CO₂ vermieden worden, teilte das Umweltbundesamt mit.
Dass nicht Zertifikate für die gesamten 890.000 Tonnen gelöscht würden, begründet die Behörde damit, dass ein erheblicher Teil der freigewordenen Emissionsrechte automatisch durch die sogenannte Marktstabilitätsreserve (MSR) aus dem Markt genommen worden sei. Die MSR steuert die Auktionsmengen im Emissionshandel, damit Unternehmen nicht zu günstig Treibhausgase ausstoßen können. Deutschland ergänzt diesen Mechanismus durch eine nationale Löschung, um sicherzustellen, dass alle überschüssigen Zertifikate dem Markt wirksam entzogen werden. So wurden nun die 514.000 Zertifikate gelöscht.
Auktionsmenge 2025 liegt bei 96.764.500
Die vorläufige deutsche Auktionsmenge für das Gesamtjahr 2025 beziffert das Umweltbundesamt mit 96.764.500. Voraussichtlich im Juli werde der neue Auktionskalender veröffentlicht. Neben den regulären Kürzungen durch die MSR würden dann die nun gelöschten Zertifikate vom deutschen Kontingent abgezogen.
Der Europäische Emissionshandel wurde 2005 zur Umsetzung des internationalen Klimaschutzabkommens von Kyoto eingeführt und ist das zentrale europäische Klimaschutzinstrument. Neben den 27 EU-Mitgliedstaaten haben sich auch Norwegen, Island und Liechtenstein angeschlossen.