Ferrari baut nun auch eine Rennyacht

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Ferrari ist künftig auch auf dem Wasser unterwegs. Der Luxus- und Sportwagenhersteller hat am Mittwoch an seinem Sitz in Maranello südlich von Modena die Konzeptstudie für eine besonders leistungsfähige Regatta-Yacht vorgelegt. Sie ist für die Teilnahme an Wettbewerben gedacht und soll gleichzeitig bisherige technische Grenzen durchstoßen, erklärte der Ferrari-Verwaltungsratsvorsitzende John Elkann vor Journalisten. „Leidenschaft und Kompetenz kommen hier zusammen“, sagte der italienische Manager, der auch selbst Segler ist.

Erstmals soll im kommenden Jahr ein „einzigartiges Boot, das über die Ozeane fliegen wird“, ins Wasser gelassen werden. Erste Daten verraten, dass es sich um ein vergleichsweise großes Boot mit einem Rumpf in einer Länge von 100 Fuß oder rund 30 Meter mit verschiedenen „Foils“ handeln soll – jenen Tragflächen, die an modernen Rennsegelbooten dafür sorgen, dass das Boot bei entsprechendem Wind oberhalb der Wasseroberfläche segelt. Die Höhe der Yacht wird mit 40 Metern angegeben.

Es handele sich um ein neues ­Geschäftsfeld, das im Konzern wie die Formel 1 in den Bereich „Racing“ eingegliedert werde, sagte der Ferrari-Vorstandsvorsitzende Benedetto Vigna. Nennenswerte Einnahmen scheinen vorerst nicht vorgesehen zu sein. Ferrari will keine Boote verkaufen, sondern sich in der Welt der Regatten als Innovationstreiber einen Namen machen. Wie bei der Formel 1 könnte es einen positiven Marketingeffekt geben, vermuten Fachleute. Luxusunternehmen können aus einer starken Marke mehr Kapital schlagen, wenn sie diese erfolgreich auf neue Geschäftsbereiche ausbreiten.

Projektname Hypersail

Bisher treibt der Hersteller noch viel Geheimniskrämerei um das Projekt: Gerüchte, dass es rund 20 Millionen Euro koste, will das Unternehmen nicht kommentieren. Auch der Ort der Bootswerft, der laut Segel-Fachpublikationen bei Pisa liegen soll, wird nicht bestätigt. Ferrari verrät aber, dass Hypersail, so der Projektname, nicht am prestigeträchtigen America’s Cup teilnehmen werde.

Dieser findet 2027 in Neapel statt und wird als einen der Favoriten das Team von Prada-Chef Patrizio Bertelli, Luna Rossa, antreten lassen. Der America’s Cup setze durch zu viele Regeln den Teilnehmern enge Grenzen, sagte Elkann. Die Veranstaltung sorgt als berühmtester Segelwettbewerb der Welt zwar für viel Publizität, doch sie besteht aus mehreren relativ kurzen Rennen nur für bestimmte Bootsarten.

Ferrari dagegen denkt an längere Distanzen: Die Regatta Jules Verne, die eine Weltumseglung ist, sei ein Kandidat, bestätigte Elkann. Die französische dominierte Regatta Vendée Globe, die der einzige Wettbewerb einer Einhand-Weltumseglung ist, kommt dagegen nicht infrage, weil die Boote dort kleiner sein müssen. Die Ferrari-Yacht werde als Besatzung auch acht bis elf Personen brauchen, heißt es.

Als Projektleiter hat der Autohersteller den italienischen Segler Giovanni Soldini angeheuert, der schon mehrere Weltumseglungen bewältigt hat. Zusammen mit John Elkann hat er auch mehrfach den Atlantik überquert. Der italienische Manager ist über die Familienholding seiner Agnelli-Familie nicht nur größter Ferrari-Aktionär, sondern auch Verwaltungsratschef und Großaktionär des Autokonzerns Stellantis. Zu dessen 14 Automarken gehört Alfa Romeo, der ein offizieller Sponsor und Technologiepartner des italienischen America’s-Cup-Teams Luna Rossa ist. Eine andere Stellantis-Marke, Maserati, hat schon in Zusammenarbeit mit Soldini eigene Regatta-Yachten gebaut.

Segeln mit Flugsteuerungssystem

Neben dem italienischen Segler ist der französische Bootsarchitekt Guillaume Verdier mit seinen Mitarbeitern ein Schlüsselpartner in dem Projekt. Er hat die Hauptverantwortung für das Design. Dabei soll ein kippender Kiel als Träger für eines der Foils verwendet werden. Ein anderes Foil könnte am Ruder angebracht werden; neben zwei weiteren, die am Rumpf befestigt sind. Dabei testet die Yacht die Grenzen aus, die zwischen dem Segeln auf dem Wasser und dem Fliegen liegen. „Stabilität ist eine der größten Herausforderungen“, sagte Soldini.

Hypersail soll zudem die international erste Yacht ihrer Größe sein, die energieautark ist. Dafür sollen große Solarpanele an Deck sorgen. Laut der vorgestellten, aber noch sehr rudimentären Zeichnungen ist die Form der Yacht sehr windschnittig. In der Aerodynamik sollen viele Synergieeffekte mit dem Automobilbau genutzt werden, heißt es. Zudem werde die Yacht mit einem „Flugsteuerungssystem“ segeln, das auf der Grundlage der im Automobilsektor erworbenen Expertise entwickelt wurde.

Es soll gewährleisten, dass Hypersail „über längere Zeiträume über den Ozean gleitet – ohne Boxenstopps und ohne jegliche externe Unterstützung“, heißt es. Bisher arbeitet noch ein vergleichsweise kleines Team von rund 20 Personen an der Ferrari-Yacht. Doch bis zu 90 weitere Mitarbeiter des Autoherstellers würden punktuell mithelfen.

Die Aktionäre reagierten am Mittwoch positiv. Die Investitionen fallen nicht so hoch aus, dass der Konzern seine Vorhersagen für die nahe Zukunft ändern müsse, betonte Ferrari-Finanzvorstand Antonio Picca Piccon. Der Aktienkurs stieg an der Mailänder Börse bis zum Nachmittag um rund drei Prozent und gab dem Unternehmen einen Börsenwert von rund 80 Milliarden Euro.

Damit ist Ferrari trotz seiner kleinen Stückzahlen einer der am höchsten bewerteten Autokonzerne der Welt. Einen wichtigen Meilenstein – ungleich bedeutender als die Yacht – will das Unternehmen am 9. Oktober dieses Jahres erreichen, wenn es den ersten vollelektrischen Ferrari vorstellt. Ferrari liegt bei der Elektrifizierung deutlich vor dem Erzrivalen Lamborghini aus dem VW-Konzern. Die Kenntnisse im Elek­tro­bereich könnten auch der neuen Ferrari-Yacht nutzen, heißt es.