New York gilt als Finanzhauptstadt der Welt, und die Börse an der Wall Street ist ein Symbol für den Kapitalismus. Ausgerechnet hier hat nun ein selbst erklärter Sozialist beste Chancen, Bürgermeister zu werden. Der erst 33 Jahre alte Linkspopulist Zohran Mamdani hat am Dienstag die Vorwahlen der Demokratischen Partei gewonnen.
Das offizielle Ergebnis steht zwar noch aus, aber Mamdani hat einen deutlichen Vorsprung. Und sein schärfster Rivale Andrew Cuomo, der näher an der politischen Mitte steht, hat seine Niederlage eingestanden. Mamdani ist damit in einer guten Ausgangsposition, um die Wahlen im November zu gewinnen, und diese Aussicht alarmiert die New Yorker Wirtschaftswelt.
Der Hedgefonds-Manager Daniel Loeb, der Cuomo unterstützt hat, schrieb auf der Plattform X, in New York sei ein „Kommunistensommer“ ausgebrochen. Sein Kollege Bill Ackman, der ebenfalls auf Cuomos Seite war, sagte, er sei am Morgen nach der Wahl „deprimiert“ gewesen. Mamdanis Politik wäre „desaströs“ für New York.
Strategien werden ausgeheckt
Einige Wirtschaftsvertreter suchen nun verzweifelt nach Wegen, um Mamdanis Aufstieg zu bremsen. Das „Wall Street Journal“ berichtete von einer Serie von Telefonaten, in denen Strategien ausgeheckt worden seien. Beispielsweise sei darüber diskutiert worden, sich nun hinter dem gegenwärtigen Amtsinhaber Eric Adams zu versammeln, der im November als parteiunabhängiger Kandidat antreten will, und gleichzeitig Curtis Sliwa, den Kandidaten der Republikaner, zum Rückzug aus dem Rennen zu bewegen.
Um Sliwa dies schmackhaft zu machen, solle womöglich der US-Präsident Donald Trump überzeugt werden, ihm einen Posten in seiner Regierung zu geben. Hedgefonds-Manager Ackman brachte auf X die Idee ins Spiel, einen ganz neuen Kandidaten aufzustellen. Er sagte, er habe auch schon einen „hervorragenden Kandidaten“ im Sinne. Als jemand, der offen Trump unterstützt, wolle er aber die Identität dieser Person nicht preisgeben, um ihre Erfolgsaussichten nicht von vorneherein zu trüben. Der „richtige Kandidat“ habe die Chance, „unsere Stadt zu retten und ein Superheld zu werden“.
Gegen Mieterhöhungen, für Gratis-Busfahrten
New York gilt als Hochburg der Demokraten und hatte schon Bürgermeister, die politisch recht weit links standen. Dazu gehörte Bill de Blasio, der das Amt zwischen 2014 und 2021 hatte und sich als Kämpfer gegen Ungleichheit positionierte. Mamdani ist aber noch weitaus näher am linken Rand des politischen Spektrums. Er beschreibt sich als „Demokratischer Sozialist“ und rechnet sich damit einer Bewegung zu, die die „Abschaffung des Kapitalismus“ fordert.
Zu seinem Wahlprogramm gehört, Mieterhöhungen in einem großen Teil der Wohnungen in New York zu verbieten und Supermärkte zu eröffnen, die von der Stadt betrieben werden. Er will kostenlose Kinderbetreuung anbieten und Busfahren gratis machen. Finanzieren will er das mit Steuererhöhungen. Unter anderem soll das reichste Prozent der Menschen in New York eine zusätzliche Steuer von zwei Prozent auf ihr Einkommen zahlen. Für die Demokratischen Sozialisten ist Mamdani eine neue Galionsfigur, sie zeigen ihn prominent auf ihrer Internetseite. Diese Organisation hat ihre Wurzeln in den Siebzigerjahren, aber erst in der jüngeren Vergangenheit wurde sie zu einer breiteren Bewegung.
Dabei halfen die erste Präsidentschaftskandidatur von Bernie Sanders 2016 und die Wahl von Alexandria Ocasio-Cortez in den Kongress 2018. Beide haben sich als Demokratische Sozialisten beschrieben, und sie waren zuletzt auf einer Tournee von Kundgebungen durch die USA unterwegs, die sich gegen den Einfluss von „Oligarchen und unternehmerischen Interessen“ auf die US-Politik richtet. Zum Programm der Demokratischen Sozialisten gehört die Forderung, eine Reihe von Branchen zu verstaatlichen, darunter Banken und Versicherungen.
Gegen Mamdani gibt es auch in den Reihen der Demokratischen Partei viele Bedenken. Kathy Hochul, die Gouverneurin des Bundesstaates New York, äußerte wenige Tage vor den Wahlen die Sorge, die von Mamdani vorgeschlagenen Steuererhöhungen würden wohlhabende New Yorker aus der Stadt vertreiben: „Ich will keine Leute mehr an Palm Beach verlieren. Wir haben genug verloren.“