“Sehr bedrohliche Situation”
Diese Menschen sind besonders hitzegefährdet
30.06.2025 – 13:48 UhrLesedauer: 4 Min.

Deutschland steht eine Hitzewelle bevor, regional sind bis zu 39 Grad möglich. Das kann für den Körper gefährlich werden, warnen Experten und geben Tipps.
Sommerliche Hitzeperioden treten immer häufiger auf und können schwerwiegende Folgen für die Gesundheit haben. Darauf weisen Ärzte und Wissenschaftler regelmäßig hin. Nach Angaben des Umweltbundesamtes gab es in den Sommern 2023 und 2024 jeweils etwa 3.000 hitzebedingte Todesfälle in Deutschland.
Aber was genau passiert bei Hitze im Körper? Woran erkennt man, wann die Hitze gefährlich wird? Und wie kann man sich schützen?
Der menschliche Körper hält normalerweise eine Kerntemperatur von rund 37 Grad. Wird es draußen heiß, versucht er mit allen Mitteln, diese Temperatur stabil zu halten. Dafür schwitzt er: Bis zu zwei Liter Schweiß kann der menschliche Körper pro Stunde verlieren, sagt Nadine Lenz, Koordinatorin der Projektgruppe Klimawandel und Gesundheit im Bundesinstitut für Öffentliche Gesundheit (BIÖG). Beim Schwitzen entsteht Verdunstungskälte, sie reguliert die Temperatur. Um die Körpertemperatur konstant niedrig zu halten, wird außerdem warmes Blut aus dem Zentrum in die Extremitäten gebracht, um leichter Wärme an die Umgebung abzugeben.
Mit dem Schweiß verliert der Körper allerdings viel Wasser und Salze (Elektrolyte). Trinken die Menschen gleichzeitig nicht genug, sinkt die Flüssigkeitsmenge im Körper zu stark ab. Die Folge: Das Blut wird immer konzentrierter. Hitzeerschöpfung, Hitzekrämpfe oder ein Hitzekollaps (starker Blutdruckabfall) können die Folge sein. Ralf Brandes, Professor für Physiologie an der Goethe-Universität Frankfurt am Main, erklärt: Schlimmstenfalls geht es so weit, dass der Blutdruck absinkt und die Blutkörperchen beginnen, sich aneinander zu heften. “Das wäre dann eine sehr bedrohliche Situation, die einen Hitzschlag darstellen würde”, sagt der Mediziner.
Ein Hitzschlag ist ein lebensbedrohlicher Zustand, der zu einer sehr hohen Körpertemperatur und dem Versagen vieler Organe führt. Ein Hitzschlag kann eintreten, wenn sich jemand in extremer Hitze körperlich verausgabt oder sich lange in einem geschlossenen, heißen Umfeld befindet. Das Gefährliche: Die Betroffenen bemerken oft nicht, dass die Körpertemperatur stark erhöht ist. Mehr Informationen zu den Warnsignalen eines Hitzschlags finden Sie hier.
- Lesen Sie auch: Sonnenstich oder Hitzschlag – Symptome erkennen
Die Beschwerden durch große Hitze hängen in der Regel mit dem Flüssigkeits- und Elektrolytverlust zusammen, der beim Schwitzen entsteht. Durst ist daher eine der ersten Reaktionen des Körpers auf große Hitze. Weitere typische Symptome für eine zu hohe Hitzebelastung sind:
- Schwindel
- Kopfschmerzen
- Erschöpfung oder Benommenheit
- starke Blässe oder Gesichtsröte
- Übelkeit
- Muskelkrämpfe
- Wassereinlagerungen in den Beinen (Ödeme)
- starkes Herzklopfen
- Kurzatmigkeit
- Unruhe
- erhöhte Körpertemperatur
Wer solche Anzeichen bemerkt, sollte sofort reagieren und sich in einen kühlen Raum begeben sowie ausreichend lauwarme Getränke trinken. Auch lockere oder sogar feuchte Kleidung kann helfen, den Körper herunterzukühlen.
Werden die Anzeichen für ein Überhitzen des Körpers ignoriert, kann es zu einem sogenannten Hitzenotfall kommen. Dabei steigt die Körpertemperatur auf über 39 Grad. Anzeichen für einen akuten Hitzenotfall sind zudem plötzliche Verwirrtheit, sehr starke Kopfschmerzen, Krampfanfälle, Erbrechen und Bewusstlosigkeit. Bei diesen ernsten Warnzeichen sollten Sie sofort den Notruf 112 wählen. Lebensbedrohlich wird Hitze dann, wenn die Körpertemperatur über 42 Grad ansteigt, erklärt Brandes.
Allgemein gilt: Liegt die Lufttemperatur mindestens zwei Tage lang bei 29 Grad oder darüber, mit wenig nächtlicher Abkühlung, spricht der Deutsche Wetterdienst von einer “starken Belastung”. Die Belastung wird “extrem”, wenn die Lufttemperatur bei 35 Grad oder höher liegt.
Die Belastung durch Hitze hängt aber nicht nur von der Lufttemperatur ab. Windstille, direkte Sonnenstrahlung und hohe Luftfeuchtigkeit tragen dazu bei, dass die “gefühlte Temperatur” um einige Grad höher ist und den Körper zusätzlich belastet.
Gesunde Erwachsene können ihren Wärmehaushalt normalerweise gut regulieren. Manche Menschen haben allerdings ein höheres Risiko, unter großer Hitze zu leiden – etwa weil ihnen das Durstgefühl fehlt oder sie ihn nicht richtig mitteilen können. Dazu gehören:
- Menschen ab 65 Jahren
- Säuglinge und Kleinkinder
- Schwangere
- chronisch Kranke, etwa mit Herz-, Lungen- oder Stoffwechselerkrankungen
- Menschen mit psychischen Erkrankungen
- Pflegebedürftige und Alleinlebende
- Menschen, die bestimmte Medikamente einnehmen (etwa entwässernde Mittel, Antidepressiva, Neuroleptika)
- Sportler oder Berufstätige, die bei Hitze im Freien arbeiten
- Menschen mit Abhängigkeitserkrankungen
- Menschen mit starkem Über- oder Untergewicht
In dicht bebauten Städten entstehen sogenannte Wärmeinseln. Asphalt und Beton speichern tagsüber Hitze und geben sie nachts wieder ab. Die Folge: kaum nächtliche Abkühlung und eine dauerhaft hohe Belastung für Herz und Kreislauf. Dieses Phänomen zeigt sich am deutlichsten in West- und Süddeutschland. Im Norden sind die Unterschiede aufgrund der Meeresnähe weniger ausgeprägt. Insgesamt kommt es aber auch in ländlichen Kreisen im Sommer regelmäßig zu einer deutlichen Hitzebelastung und zu hitzebedingten Todesfällen.
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Damit die Hitze gar nicht erst zum Risiko wird, helfen ein paar einfache Maßnahmen:
- Viel trinken – mindestens zwei bis drei Liter täglich, am besten Wasser oder ungesüßten Tee
- Salzverluste ausgleichen, etwa durch salzhaltige Speisen oder isotonische Getränke
- leichte, luftige Kleidung tragen
- Wohnung tagsüber abdunkeln, nachts lüften
- anstrengende Aktivitäten auf den Morgen oder Abend legen
- Haut vor Sonnenstrahlung schützen, Sonnencreme und Kopfbedeckung nicht vergessen
- lauwarm duschen statt eiskalt, das schont den Kreislauf
- bei Einnahme von Medikamenten sollten Sie die Arzneimittel von Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt auf Hitzeverträglichkeit prüfen lassen
Alkohol ist als Durstlöscher an heißen Tagen eine schlechtere Wahl als Wasser, Tee oder Schorle. Der Grund: “Alkohol entzieht dem Körper weiteres Wasser und wertvolle Mineralstoffe”, sagt Nadine Lenz. Und die Expertin gibt noch einen weiteren Tipp: “Duschen Sie besser lauwarm als kalt, um den Kreislauf zu schonen.” Um den Körper abzukühlen, könne man auch Wassersprays, feuchte Umschläge oder ein kühles Fußbad nutzen.