Der 98 Jahre alte iranische Großajatollah Naser Makarem Schirazi hat Muslime weltweit aufgerufen, jede Person oder Regierung anzugreifen, die Irans Obersten Führer Ali Khamenei bedrohe oder töte. Indirekt bezog er sich damit auf den amerikanischen Präsidenten Donald Trump und den israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu.
Die Namen der beiden werden in dem Rechtsgutachten (Fatwa) nicht erwähnt. Laut Staatsmedien antwortete Schirazi aber auf eine Frage „von Gläubigen“, wie Muslime weltweit reagieren müssten, wenn Trump oder Israel ihre Drohung zur Tötung Khameneis wahr machten. Alle Muslime weltweit seien verpflichtet, „diese Feinde ihre Worte und Taten bereuen zu lassen“, schrieb Schirazi. Eine Person oder Regierung, die „die Führung und religiöse Autorität“ (Khamenei) bedrohe oder angreife, sei als „Muharib“ zu betrachten, also als jemand, der Krieg gegen Gott und seinen Propheten führe. Diese Straftat kann in Iran mit dem Tod bestraft werden.
Belohung im Jenseits
Muslime, die dem Aufruf folgten, würden dafür im Jenseits belohnt, heißt es in dem Rechtsgutachten weiter. Etliche iranische Staatsmedien berichteten über die Fatwa. Schirazi leitet unter anderem ein Gelehrtenseminar in Qom, ein religiöses Forschungszentrum und einen Fernsehsender. In der Vergangenheit fiel er unter anderem mit der Aussage auf, der Holocaust sei „ein Aberglaube“.
Ein weiterer Großajatollah, Nouri Hamedani, gab am Montag ein ähnliches Gutachten heraus. Jede Beleidigung Khameneis als Führer der islamischen Gemeinschaft werde als Beleidigung der Essenz des Islams betrachtet. „Jede Form der Aggression oder der Drohung gegen ihn oder die schiitischen religiösen Autoritäten, ob durch ein Individuum oder einen Staat, wird als ‚Muharib‘ beurteilt.“ Es sei verboten, Khamenei in dieser Lage zu schwächen, in der sich die Feinde des Islams vereinigt hätten. Hamedani soll 100 Jahre alt sein.
Die Gutachten erinnern an eine Fatwa von Khameneis Vorgänger Ruhollah Khomeini, der 1989 alle Muslime aufgefordert hatte, den Schriftsteller Salman Rushdie wegen seines Buchs „Die Satanischen Verse“ sowie die beteiligten Redakteure und Verleger „ohne Verzögerung zu töten“. Die iranische Regierung distanzierte sich zwischenzeitlich von der Fatwa. Der Oberste Führer Khamenei bezeichnete sie jedoch als unumkehrbar.
Rushdie lebt seither unter Polizeischutz und war gezwungen unterzutauchen. 2022 wurde er bei einer Podiumsdiskussion in New York von einem islamistischen Attentäter lebensgefährlich verletzt.