Entwicklungshilfe: USAID wird offiziell aufgelöst

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In Krisengebieten auf der ganzen Welt wurden seit Jahrzehnten weiße Säcke mit Nahrungsmitteln verteilt. „USAID“ ist gut lesbar darauf gedruckt und darunter „Vom amerikanischen Volk“. Aber die Behörde der Vereinigten Staaten für Entwicklungshilfe (USAID) hört auf zu existieren. Zumindest als unabhängige Institution. Zum heutigen Dienstag wird das, was nach den Kürzungen der vergangenen Monate noch übrig ist, unter das Dach des Außenministeriums ziehen. Von den mehr als 10.000 Mitarbeitern und Auftragnehmern, die USAID einst hatte, werden dann noch 15 übrig bleiben. Doch was bleibt von der Organisation, die John F. Kennedy einst gründete, um das Ansehen der Vereinigten Staaten in der Welt zu verbessern?

Überlegungen, die Entwicklungshilfe dem Außenministerium zu unterstellen, gibt es schon lange und nicht nur in den Vereinigten Staaten. Großbritannien hat das getan, ebenso Australien. Bislang aber konnte sich das in den Vereinigten Staaten nicht durchsetzen, auch weil die Organisation 1998 durch den Kongress als unabhängige Behörde kodifiziert wurde.

Früher feierte sich Trump für die Hilfe

Doch damit ist nun durch die Entschlossenheit Donald Trumps und die tätige Mithilfe Elon Musks Schluss. Schon am Tag seiner Amtseinführung am 20. Januar unterschrieb der neue Präsident ein Dekret, das sämtliche Mittel für USAID einfror, um sie einer neunzigtägigen Revision zu unterziehen. Das sorgte national und international für große Aufmerksamkeit. Noch heftiger wurden die Reaktionen in den darauffolgenden Tagen, als die damals neu geschaffene Behörde für Regierungseffizienz (DOGE) unter Leitung des reichsten Menschen der Welt, Elon Musk, daranging, sich USAID vorzuknöpfen.

Aber dass sie nicht nur verkleinert, sondern aufgelöst würde, war in den ersten Tagen der zweiten Amtszeit Donald Trumps keineswegs klar. Noch zu Beginn seiner ersten Präsidentschaft feierte sich Trump selbst für die Hilfe, die Amerika der Welt leistete. Doch schon 2019 sagte er in der Generalversammlung der Vereinten Nationen, die Entwicklungshilfe werde überprüft. „In Zukunft werden wir Hilfe nur noch denen geben, die uns respektieren und, ehrlich gesagt, unsere Freunde sind“, so Trump.

Hat noch keinen neuen Platz: Im Gebäude von USAID erinnerte eine Wand an Mitarbeiter, die im Einsatz ums Leben kamen.
Hat noch keinen neuen Platz: Im Gebäude von USAID erinnerte eine Wand an Mitarbeiter, die im Einsatz ums Leben kamen.AP

Kritik an USAID war dabei nicht nur in den vergangenen Jahren auch durchaus angebracht. Nicht immer war klar, ob die Ziele, die sich die Behörde gesteckt hatte, auch erreicht wurden und ob die Dollars, die ausgegeben wurden, das Ansehen Amerikas in der Welt verbesserten. In und um die Behörde hatte sich eine Bürokratie gebildet, die Reformen verzögerte, wenn nicht sogar verunmöglichte. Allerdings bezog sich die Kritik, die aus der republikanischen Opposition in den Jahren der Biden-Regierung an USAID geübt wurde, vor allem auf Vorhaben, die politisch nicht genehme Ziele verfolgten.

Die Trump-Regierung nahm dies zum Anlass, gegen USAID vorzugehen. Damit legte sie die Axt an ein System der Entwicklungshilfe, das über Jahrzehnte Bestand hatte. Im Kalten Krieg zum Beispiel zeigten Aktionen in Lateinamerika der Bevölkerung ein anderes Gesicht der Vereinigten Staaten und verbesserten die Einstellung zu Amerika. Freilich hatte man dort politische Hintergedanken gehegt. Die Vereinigten Staaten waren lange Zeit der größte Geber internationaler Hilfe: Im Jahr 2023 gaben sie 68 Milliarden Dollar (rund 63 Milliarden Euro) für internationale Hilfe aus.

Die Vereinigten Staaten gaben nicht nur Geld an andere Organisationen, um beispielsweise Nahrungs- oder Arzneimittel zu erwerben, sondern kauften diese auch selbst und schickten sie um die Welt. Das kam in großem Umfang auch amerikanischen Landwirten und Arzneimittelherstellern zugute. Auch die müssen jetzt mit den Mittelkürzungen zurechtkommen.

DOGE verlangte Zugang zu allen Räumen und Systemen

Außenminister Marco Rubio war in seiner Zeit als Senator durchaus ein Unterstützer von amerikanischer Entwicklungshilfe. 2012 sagte er: „Wir sollten in jeder Weltregion immer nach Wegen suchen, um durch USAID und humanitäre Hilfe unseren Einfluss zu vergrößern.“ Damit war es spätestens nach der Annäherung des einstigen Trump-Kritikers an das MAGA-Lager vorbei. Kurz nach der Amtsübernahme, am 24. Januar, erließ Rubio eine Anordnung, die USAID-Mitarbeiter aufforderte, die Arbeit einzustellen, und verfügte einen Ausgabenstopp. Lediglich für „lebenswichtige Programme“ erließ er kurz danach Ausnahmen.

Auftritt DOGE: Am 27. Januar kamen deren Angestellte ins Ronald-Reagan-Gebäude in Washington, dem Sitz von USAID. Sie verlangten Zugang zu sämtlichen Räumen und Computersystemen der Behörde. Mitarbeiter, die sich weigerten, wurden umgehend gefeuert. Anfänglich ging es den DOGE-Leuten der „New York Times“ zufolge noch darum, Programme zu finden, über die sich öffentlich lustig gemacht werden konnte. Damit sollte die Grundlage für weitere Mittelkürzungen gelegt werden.

Nichts soll an USAID erinnern: Das Schild am Ronald-Reagan-Gebäude wurde schon vor Monaten abgedeckt.
Nichts soll an USAID erinnern: Das Schild am Ronald-Reagan-Gebäude wurde schon vor Monaten abgedeckt.Reuters

Innerhalb weniger Tage eskalierte das Vorhaben jedoch. Am 3. Februar schrieb DOGE-Chef Elon Musk dann auf seinem Kurznachrichtendienst X seine berühmt-berüchtigte Nachricht: „Wir haben das Wochenende damit verbracht, USAID durch den Häcksler zu jagen.“ Damit war das Schicksal von USAID besiegelt. Im März verkündete Marco Rubio, dass eine Revision der Ausgaben von USAID durchgeführt worden sei und 83 Prozent der unterstützten Programme dauerhaft eingestellt würden.

Einen Erfolg haben die Gegner dieses rabiaten Vorgehens erreicht, als der Oberste Gerichtshof der Vereinigten Staaten im März entschied, dass der Ausgabenstopp nicht rechtens war und die Regierung schon bewilligte Mittel auch auszahlen müsse. Weitere Klagen sind noch anhängig.

Von 6000 Programmen bleiben 900

Wenn eine Institution gegen die Abschaffung von USAID hätte einschreiten können, wäre das der Kongress gewesen. Wegen des Gesetzes von 1998, das die Behörde kodifizierte, wäre auch ein Gesetz notwendig, um USAID abzuschaffen. Zu dem Schluss kommt auch ein Bericht der Kongressbibliothek. Allerdings stellen die Republikaner in beiden Kammern des Parlaments die Mehrheit und haben bewiesen, dass sie es sich mit dem Präsidenten nicht verscherzen wollen. Ein Widerspruch aus dieser Richtung ist also kaum zu erwarten.

Wie die „New York Times“ kürzlich berichtete, begann nach Rubios Ankündigung im März hinter den Kulissen eine rege Geschäftigkeit. Leute mit Einfluss versuchten, bestimmte Programme von den Kürzungen auszunehmen. So wurde der frühere Präsident George W. Bush tätig, um ein Programm zur AIDS-Prävention, welches er gestartet hatte, zu retten. Auch Kongressmitglieder riefen im Außenministerium an. Wie die Zeitung schreibt, habe es im Januar mehr als 6000 Programme gegeben, die von USAID unterstützt wurden. Diese hatten demnach einen Wert von 120 Milliarden Dollar. Anfang Mai seien davon noch knapp 900 Programme im Wert von fast 70 Milliarden Dollar übrig geblieben. Bei 580 Programmen soll es um humanitäre Hilfe gehen, bei 167 um Gesundheit, 65 sollen sich mit der Verbesserung der wirtschaftlichen Situation befassen und 79 mit anderen Bereichen.

Streichungen haben auch Auswirkungen für die USA

Die Zahlen lassen erkennen, dass die Vereinigten Staaten trotz der Abschaffung von USAID die Entwicklungshilfe nicht gänzlich aufgegeben haben. Zwar wurde die Zahl der Programme drastisch reduziert, und die eingesetzten Mittel wurden auf fast die Hälfte reduziert. Aber beispielsweise wurde nach dem Erdbeben in Myanmar im März die Hilfe für das Land sogar aufgestockt. Die Trump-Regierung will die Auslandshilfe neu aufstellen und konzentrieren, heißt es. Sie soll mit dem Übergang an das Außenministerium den Zielen der Regierung nutzbar gemacht werden. Ob allerdings die Mittel in der jetzigen Höhe erhalten bleiben, ist unklar, da auch das Außenministerium einem harten Sparkurs unterworfen wird.

Kritiker der Regierung führen denn auch an, dass die derzeitigen Summen bei Weitem nicht ausreichten. Ein Projekt der Boston University versuchte, die möglichen Auswirkungen der Kürzungen abzuschätzen, und kam zu dem Ergebnis, dass Hunderttausende Menschen zusätzlich an AIDS oder Tuberkulose sterben würden, wenn die Hilfen nicht bis Ende des Jahres wieder aufgestockt würden.

Der Sender CNN wiederum sprach mit einem ehemaligen Auftragnehmer von USAID, der darauf hinwies, dass einerseits die Kürzungen nicht nur Auswirkungen in den direkt betroffenen Bereichen hätten. So seien unterernährte Kinder auch wesentlich anfälliger für Krankheiten. Andererseits könnte es auch direkte Auswirkungen auf die Vereinigten Staaten haben, wenn zum Beispiel die Ausbreitung von Malaria in Afrika nicht überwacht werde: „Einer der Gründe, warum es in den Vereinigten Staaten keine Malariafälle gibt, ist, dass wir weltweit die Ausbreitung von Malaria beobachten, für die weltweite Gesundheitssicherheit.“

Nun werden die Reste von USAID offiziell aufgelöst. In Washington soll nichts mehr an die Behörde erinnern. Ihr Name wurde schon vor Monaten vom Ronald-Reagan-Gebäude entfernt. In dem Haus gab es ein Denkmal für 99 Mitarbeiter und Auftragnehmer von USAID, die während ihrer Arbeit für die Behörde umgekommen sind. Auch das wurde entfernt. Es werde nach einem neuen Platz dafür im Außenministerium gesucht, heißt es.