Die thailändische Regierungschefin Paetongtarn Shinawatra ist vorübergehend ihres Amtes enthoben worden. Das Verfassungsgericht in Bangkok erklärte am Dienstag, die Suspendierung gelte bis zu seiner endgültigen Einschätzung, ob Paetongtarn sich im Umgang mit dem Grenzkonflikt mit Kambodscha verfassungswidrig verhalten habe. Eine Gruppe konservativer Senatoren war vor das Verfassungsgericht gezogen. Sie werfen Paetongtarn einen Verstoß gegen die Ethikregeln für Regierungsmitglieder vor.
Hintergrund ist ein brisantes Telefonat Paetongtarns mit Kambodschas Staatschef Hun Sen. In dem durchgesickerten Gespräch hatte Paetongtarn den Politiker mit der vertraulichen Anrede „Onkel“ angesprochen und sich abschätzig über das mächtige thailändische Militär geäußert. Das Militär ist die dominierende Kraft in Thailands Politik und war immer wieder Gegenspieler des Politclans der Shinawatras. Zwei Vorgänger von Paetongtarn an der Regierungsspitze – ihr Vater Thaksin Shinwatra sowie ihre Tante Yingluck Shinawatra – wurden durch Militärputsche gestürzt.
Nach dem Telefonat mit Hun Sen hatte die wichtige Partei Bhumjaithai die Koalition von Paetongtarn verlassen. Seitdem verfügt das Regierungsbündnis nur noch über eine hauchdünne und unzuverlässige Mehrheit. Bhumjaithai wird voraussichtlich ein Misstrauensvotum im Parlament beantragen. Seit dem vergangenen Wochenende geht die außerparlamentarische Opposition aus Monarchisten und Nationalisten gegen die Regierung auf die Straße. Am Wochenende protestierten tausende Menschen in Bangkok. Er werde „keine Einwände erheben, wenn das Militär etwas unternimmt“, sagte Sondhi Limthongkul, einer der einflussreichen Anführer der Protestbewegung.
Die Regierungskrise ist die jüngste in einer Reihe von Krisen. Die thailändische Politik hat zwei Jahrzehnte Instabilität hinter sich, in der es immer wieder zu Putschen, Straßenprotesten und folgenreichen Gerichtsbeschlüssen kam. Dafür verantwortlich ist auch der seit langem andauernde Machtkampf des Militärs und des königstreuen Establishments gegen den Einfluss progressiver Parteien des Landes.