Da wissenschaftliche Erkenntnisse über die Ursachen und Folgen des Klimaextrems 1540 fehlten, regierte der Aberglaube. “Ganz im Sinne des Alten Testaments wurden Klimaextreme, Hagelstürme, Wasserfluten, Missernten, Pestilenz, Teuerung und Hungersnot in der Frühen Neuzeit von Theologen aller Konfessionen als Strafe Gottes für die Sünden der Menschen interpretiert”, schreibt der Historiker Wolfgang Behringer. Sprich: Es wurde nach Sündenböcken gesucht.
Frauen wurden so zu Hexen erklärt, verfolgt und wie im Falle der Wittenbergerin Prista Frühbottin auf grausamste Weise getötet: Sie wurde 1540 bei lebendigem Leib verbrannt. Schlimm erging es auch anderen marginalisierten Gruppen, die für die klimatischen Extremzustände verantwortlich gemacht wurden. Weil zu jener Zeit angesichts der Reformation auch noch besondere politisch-religiöse Spannungen zwischen Katholiken und Protestanten herrschten, war die Situation zusätzlich brenzlig.
Als sich Ende Juli 1540 der Stadtbrand von Einbeck – heute im südlichen Niedersachsen – mit bis zu einigen Hundert Toten ereignete, wurde schnell ein dem Alkohol zugeneigter Hirte unter Einsatz von Folter zum Geständnis gebracht. Dieser Hirte – später hingerichtet – nannte wiederum einen Patrizier als Anstifter, der mit Herzog Heinrich dem Jüngeren von Braunschweig-Wolfenbüttel im Bunde gewesen sein soll. Der katholische Heinrich und das reformierte Einbeck waren einander in Feindschaft zugetan. So war das meteorologische Klima des Jahres 1540 zusätzlich politisch aufgeheizt.
Die Wärme begleitete die Menschen bis in den Dezember des Jahres 1540 hinein, auch als der Regen allmählich zurückgekehrt war. Mit den Folgen sollten sie noch länger zu kämpfen haben: Von 1542 bis 1547 fraßen sich Schwärme von Heuschrecken durch die Ernten im mittleren Europa, sie hatten wohl von der Hitze und Trockenheit profitiert, wie Pfister und Wanner konstatieren.
Während 1540 als Jahr des Schreckens in die Geschichte einging, frohlockten die Winzer: Denn 1540 sollte sich als herausragendes Jahr für Wein erweisen. Davon konnten sich zahlreiche Zeitgenossen überzeugen. Da die Ernte gut und reichlich war, aber die Zahl der Fässer knapp, kam das Getränk in Massen, preisgünstig und überaus alkoholreich auf den Markt. Insbesondere in Köln kam es dabei wohl zu Exzessen. Ein Zeitgenosse beklagte sich, dass seine Mitbürger völlig besoffen auf den Straßen und an den Hecken gelegen hätten.