Der Chefredakteur des türkischen Satiremagazins „Leman“ sowie ein Karikaturist und ein Grafikdesigner sind in der Nacht zum Dienstag in Istanbul wegen des Verdachts der Veröffentlichung einer Karikatur des Propheten Mohammed festgenommen worden. Das Magazin bestritt in einer Stellungnahme, dass es sich bei dem abgebildeten Mohammed um den Propheten handle.
Die Karikatur zeigt zwei händeschüttelnde Engel über einer brennenden Stadt, die aus der Luft beschossen wird. Der eine Engel stellt sich als Mohammed, der andere als Moses vor. Es gebe 200 Millionen Menschen mit dem Vornamen Mohammed, heißt es in der Stellungnahme von Leman, dem ältesten Satiremagazin der Türkei. „Der Karikaturist wollte die Rechtschaffenheit der unterdrückten Muslime zeigen, indem er einen von Israel getöteten Muslim abbildet.“ Es sei nie das Ziel gewesen, religiöse Werte zu verletzen.
Ein wütender Mob demonstrierte vor den Redaktionsräumen
Innenminister Ali Yerlikaya postete auf der Plattform X Videos von den drei Festnahmen. Dazu schrieb er: „Ich verurteile die schamlose Karikatur unseres Propheten scharf.“ Es gehe nicht um Presse- oder Meinungsfreiheit, sondern um einen Versuch, „unsere religiösen Werte zu verunglimpfen“. Zahlreiche weitere ranghohe Regierungspolitiker äußerten sich ähnlich. Die Istanbuler Staatsanwaltschaft teilte mit, sie habe Ermittlungen gegen Leman eingeleitet, dessen Ausgabe vom 26. Juni „öffentlich religiöse Werte beleidigt“. Gegen die Verantwortlichen seien Haftbefehle erlassen worden.
Am Montagabend versammelte sich ein wütender Mob vor den Redaktionsräumen des Satiremagazins in der berühmten Istanbuler Einkaufsstraße İstiklal. Die Menge rief „Lang lebe die Scharia“ und zeigte den sogenannten Tauhid-Finger, der das muslimische Glaubensbekenntnis symbolisiert, aber auch ein beliebtes Symbol unter Islamisten ist. Manche Demonstranten versuchten, in die Redaktionsräume zu gelangen, was von der Polizei verhindert wurde. Es kam zu Zusammenstößen. Die Polizei setzte Tränengas und Gummigeschosse ein.
Nach dem Terroranschlag auf die Redaktion der französischen Satirezeitschrift „Charlie Hebdo“ im Jahr 2015 hatte sich die Leman mit dem Pariser Kollegen solidarisiert und ein Titelbild mit der Aufschrift „Je suis Charlie“ gedruckt.