Die Tatsache, dass Martin Peters als geschäftsführender Gesellschafter den Zulieferer Eberspächer seit Anfang des Jahres gemeinsam mit Jörg Steins führt, ist am Ende auch eine Folge der großen Umwälzungen in der Automobilindustrie. Denn der 57 Jahre alte Steins ist der erste Manager an der Spitze des Unternehmens, der nicht zu den Familien gehört, die auf den Gründer Jakob Eberspächer zurückgehen.
„Die Zeit jahrzehntelanger Planungszyklen ist vorbei. Wir müssen Tempo aufnehmen, um im Wettbewerb stehen zu können“, sagte Peters am Mittwoch vor Journalisten am Stammsitz in Esslingen im Neckartal. Neben ihm Steins, der seit einem halben Jahr nun das operative Geschäft verantwortet und dabei der Kopf von Eberspächer sein soll, der das baden-württembergische Unternehmen künftig als Geschäftsführer (CEO) über alle Geschäftsbereiche hinweg im Gespräch mit Kunden vertritt.
Die neue Aufstellung ist eine Reaktion auf die immer unübersichtlicher werdende Automobilwelt, daran lässt der Ururenkel des Gründers, der 1865 in Esslingen eine Flaschnerei für Gießkannen und Dachrinnen gründete, keinen Zweifel. „Die Märkte werden globaler mit immer neuen Playern aus China“, sagte Peters. „Der Maßstab wird nicht länger der westliche Premium-Preis sein, sondern immer mehr asiatische Wettbewerbsbedingungen. Das bedeutet auch, dass man die Strukturen anpassen muss, um in dem Wettbewerb erfolgreich zu sein.“
Welche Produkte sind die Zukunft?
Für Eberspächer ist der Wettbewerb dabei allerdings nur ein Teil der Herausforderung, schließlich sind die neuen Konkurrenten, die schnelleren Prozesse nur die eine Seite des Problems, die Produkte die andere: Denn in den vergangenen Jahrzehnten war Eberspächer vor allem mit Komponenten für die Abgastechnik von Verbrennungsmotoren erfolgreich. Noch immer hängen nur 40 Prozent des Umsatzes von Eberspächer nicht vom konventionellen Antriebsstrang ab.
Um in der neuen Automobilwelt Fuß zu fassen, setzt das Unternehmen vor allem auf Komponenten für das Thermomanagement, das in elektrischen Autos sowohl die Batterie kühlt und wärmt als auch das Klima im Fahrzeuginnenraum steuert. Peters ist optimistisch trotz der großen Konkurrenz in diesem Bereich – auch Zulieferer wie Bosch, Mahle und ZF bieten solche Systeme an. Das liegt am Wissen, das sich Eberspächer seit 1999 aufgebaut hat, als das Unternehmen in die Produktion von elektrischen Heizungen eingestiegen ist.

Der Preisdruck werde zunehmen, zumal der „Wettbewerb in der Elektromobilität ein globaler ist“, sagt Peters. „Bei der Verbrennermobilität hatten wir als Europäer immer einen kleinen Margenaufschlag – den haben wir nicht mehr: Taktgeber für die Elektromobilität sind nicht wir, sondern das sind Unternehmen aus aller Welt.“
Um sich unabhängiger von der Automobilindustrie zu machen, baut Eberspächer seine Aktivitäten rund um die Wasserstoffwirtschaft aus. In einer Partnerschaft mit dem dänischen Unternehmen Topsoe hat der Zulieferer ein Konzept für die industrielle Fertigung von Hochtemperatur-Elektrolyseuren entwickelt, die ersten beiden vier Tonnen schweren Anlagen sind Anfang Juni ausgeliefert worden. Mit dem sächsischen Start-up Ambartec arbeitet Eberspächer an der Fertigung von Druckbehältern für die sichere Speicherung und den Transport von Wasserstoff. „Dies gelingt uns, indem wir unsere Kenntnisse aus der Abgastechnologie übertragen“, sagte Geschäftsführer Steins. Das Wissen um Heizungen und Emissionen will Eberspächer für die Entwicklung von Kohlendioxid-Rückgewinnungsanlagen nutzen. Diese Systeme scheiden aus der Umgebungsluft mit chemischen Prozessen Kohlendioxid ab, das dann zur Herstellung von synthetischen Kraftstoffen benötigt wird.
Nicht einfacher werden die Pläne zur Diversifizierung durch die Tatsache, dass sich das Unternehmen in den vergangenen Jahren aus einer finanziellen Krise kämpfen musste. Noch 2022 schrieb der Zulieferer einen Nettoverlust von 94 Millionen Euro, operativ betrug das Ergebnis nur 26,6 Millionen Euro. Seitdem hat Eberspächer den operativen Gewinn (Ebit) im Jahr 2024 bei einem Umsatz von 2,7 Milliarden Euro zwar auf 114,3 Millionen Euro gesteigert, mit der operativen Umsatzrendite von 4,1 Prozent muss das Unternehmen aber nicht nur Zukunftsinvestitionen finanzieren, sondern auch Schulden zurückzahlen. Peters spricht von einem „normalen Verschuldungsgrad“. 2023 belief sich die Nettoverschuldung auf rund 700 Millionen Euro.
Auch vor diesem Hintergrund schauen Jörg Steins und Martin Peters sehr genau nach Brüssel. Die Frage, wie die Überprüfung der Klimavorgaben und des Verbrennerverbots durch die Europäische Union in den nächsten Monaten ausfällt, könnte den Spielraum des Unternehmens noch einmal vergrößern. „Ein sanfterer Übergang würde uns das alles sehr erleichtern“, sagte Steins. Schließlich benötigen Plug-in-Hybride oder Autos mit Range Extender auch eine Abgasanlage. Wenn sich Steins und Peters in Zukunft bei jeder Frage so einig wären, wären das die besten Voraussetzungen, um den Zulieferer weiter aus der Krise zu führen.