Trump setzt auf gewaltige neue Schulden – Europa aber auch

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Rund 3,4 Billionen Dollar zusätzliche Staatsschulden werden die Vereinigten Staaten in den Jahren bis 2034 anhäufen, nachdem der amerikanische Kongress das umfassende Steuergesetz des Präsidenten Donald Trump beschlossen hat. Mit dem Gesetz schreibt der von den Republikanern beherrschte Kongress unter anderem Abschreibungserleichterungen und andere steuerliche Vorteile für Unternehmen und Investoren dauerhaft fort und verhindert eine Reihe an Steuererhöhungen im kommenden Jahr.

Trump will das „eine große schöne Gesetz“ an diesem Freitag, dem amerikanischen Nationalfeiertag, feierlich im Rosengarten unterzeichnen. Er sprach von der größten Steuersenkung in der Geschichte, nachdem der Gesetzentwurf am Donnerstag das Abgeordnetenhaus passiert hatte. Trump hat mit dem Gesetz eines seiner Wahlversprechen erreicht, von ihm 2017 nur befristet eingeführte Steuererleichterungen zu verstetigen.

Die Schulden steigen jenseits und diesseits des Atlantiks

Die hohe Schuldenlast, die der Präsident damit den amerikanischen Steuerzahler auferlegt, wirkt aus europäischer Perspektive erschreckend hoch. Das liegt daran, dass das politisch neutrale Budgetbüro des amerikanischen Kongresses die fiskalischen Auswirkungen eines Gesetzes immer für einen Zeitraum von zehn Jahren berechnet. In dieser langfristigen Perspektive wirken auch die Schuldenperspektiven europäischen Staaten erdrückend.

Deutschland wird nach einer aktuellen Prognose der Commerzbankökonomen bis 2034 die Staatsschuld um etwa 2,47 Billionen Euro steigern. Das ist nicht viel weniger als die umgerechnet 2,89 Billionen Euro Schulden, die Trump mit seinen Steuergesetz auslöst: Die Schulden steigen jenseits und diesseits des Atlantiks.

Deutlich wird das auch in der in Europa üblicheren Darstellung. Danach steigt die Bundesschuld in den Vereinigten Staaten, gemessen am Bruttoinlandsprodukt, bis 2034 von 97 auf etwa 127 bis 130 Prozent des BIP. Das zeigt eine Berechnung der unabhängigen Denkfabrik „Committee for a Responsible Federal Budget“. Etwa ein Drittel des gesamten Anstiegs um 33 Prozentpunkte geht danach auf das Trumpsche Steuergesetz zurück.

Gemessen an der Wirtschaftsleistung, erhöht die öffentliche Verschuldung sich in Deutschland und in Frankreich auf Sicht von zehn Jahren in etwa im gleichen Ausmaß. In Deutschland steigt die Staatsschuld nach Prognose der Commerzbank bis 2034 um 27 Prozentpunkte auf fast 90 Prozent des BIP, in Frankreich um 30 Prozentpunkte auf 143 Prozent des BIP.

„Trump-Konten“ und „Frühstart-Rente“

Parallelen zwischen der Steuer- und Fiskalpolitik in Amerika und in Europa zeigen sich auch in den Details. Hier wie dort steigt die Verschuldung unter anderem deshalb, um mehr Geld für die Verteidigung auszugeben. Trump führt als „Trump-Konten“ eine Prämie von 1000 Dollar für Neugeborene ein, die als steuerbegünstigte Aktienanlage der Amerikaner und der Aktiensparen heranführen soll – ähnlich, aber noch komplizierter als die von der schwarz-roten Koalition in Berlin von 2026 an geplante „Frühstartrente“, mit der der Staat Kindern bis zum 18. Lebensjahr insgesamt 1440 Euro in ein steuerbegünstigtes Aktiensparkonto einzahlt. „Beide Regelungen sind verfehlt, weil sie wenig zielgenau auch Bürgern mit hohem Einkommen zugute kommen, die das nicht brauchen“, sagt Clemens Fuest, der Präsident des Ifo-Instituts in München.

Vor allem aber geht es in Washington und in Europa um Wirtschaftswachstum. Die schwarz-rote Koalition in Berlin will mit auf drei Jahre befristeten Abschreibungserleichterungen die Investitionen anschieben, Trump verstetigt mit demselben Ziel großzügige Abschreibungsregeln für Investitionen sowie für Forschung und Entwicklung. Inwieweit schuldenfinanzierte steuerliche Erleichterungen zu mehr Wachstum führen und sich selbst finanzieren, ist umstritten. Die ökonomische Studienlage ist dünn.

Recht sicher sei nach der Forschungslage, dass großzügigere Abschreibungsregelungen recht große Investitionseffekte haben können, sagt die Ökonomin Dominika Langenmayr von der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt. „Insofern ist durch die Regelungen schon mit zusätzlichen Wirtschaftswachstum zu rechnen.“ Die Politik und die damit verbundene Unsicherheit schadeten der amerikanischen Wirtschaft aber möglicherweise mehr, sagte Langenmayr. Auch sei die schuldenfinanzierte Steuerreform nicht nachhaltig, weil in einigen Jahren schon zusätzliche Zinszahlungen den amerikanischen Staatshaushalt deutlich belasteten. Fuest sagte, die Abschaffung von Befristungen in den Vereinigten Staaten schaffe Sicherheit für Investoren.

Erleichterung vor allem für Reiche?

In Amerika argumentieren Trump und seine Anhänger, dass die Steuererleichterungen Investitionen und Wachstum anschieben und sogar die Staatsschuld drücken würden. Ähnlich wie bei seiner ersten großen Steuerreform 2017 aber berechnen die ihm zuarbeitenden Ökonomen extrem hohe Wachstumseffekte, die in der Höhe für die Entlastungen vor acht Jahren im Nachhinein nicht bestätigt wurden. Kritiker seiner Steuerpolitik werfen Trump vor, dass vor allem reiche Amerikaner entlastet würden. Das zielt unter anderem auf eine Regel, wonach ein Steuersatz von 20 Prozent auf bestimmte Einkünfte etwa von Partnern an Beteiligungsgesellschaften dauerhaft fixiert wird.

In republikanischer Diktion handelt sich indirekt um Unternehmensteuern, die gesenkt werden sollen. Fuest vom Ifo-Institut hält diese Erleichterung für verfehlt, weil damit die Rechtsformneutralität zu Lasten von Kapitalgesellschaften verletzt werde. Umstritten sind in Amerika vor allem die Kürzungen im Sozialprogramm Medicaid. Kritiker sprechen von ungerechten Einschnitten, während Befürworter den Versuch sehen, Sozialmissbrauch zu bekämpfen – ähnlich wie die schwarz-rote Koalition in Deutschland Missbrauch und Fehlsteuerungen im Bürgergeld verhindern will.

Die steigende Staatsschuld in den Vereinigten Staaten führt schon heute dazu, dass der Präsident Druck auf die unabhängige Notenbank Federal Reserve ausübt, die Zinsen zu senken. Erst in dieser Woche forderte Trump den Notenbankvorsitzenden Jerome Powell zum sofortigen Rücktritt auf. Commerzbankökonom Vincent Stamer fürchtet Ähnliches für Europa.

„In den kommenden Jahren werden neben den höheren Verteidigungsausgaben vor allem drastisch steigende Zinszahlungen die Staatshaushalte belasten“, sagte Stamer. Gerade in Italien und Frankreich gefährdeten die hohen Zinszahlungen die Tragfähigkeit der Schulden. „Der Druck auf die Europäische Zentralbank und die EU dürfte zunehmen, mit ihrer Politik diese Länder zu unterstützen“, sagte Stamer.