Sieben Jahre lang war er Mitglied des Vorstands, aber jetzt steht der oberste Personalmanager des Volkswagen-Konzerns vor der Ablösung. Wie VW am Freitagnachmittag mitteilte, muss Gunnar Kilian seinen Posten mit sofortiger Wirkung räumen.
Die Personalie ist heikel, denn der Personalchef in Wolfsburg pflegt traditionell einen engen Draht zur Gewerkschaft IG Metall, die im VW-Konzern so viel Einfluss hat wie in keinem anderen Unternehmen. Deutschlands größter Autohersteller beschäftigt allein in Niedersachsen mehr als einhunderttausend Menschen, global sind es fast 680.000. Derzeit steckt das Unternehmen mitten in einem Sparprogramm, das Tausende Stellen kosten soll.
In einer Mitteilung des Aufsichtsrats und einer internen Meldung des Betriebsrats erwecken die Konzernverantwortlichen den Eindruck, dass es ein erhebliches Zerwürfnis gegeben hat. Kilian hat ganz offensichtlich den Rückhalt des Betriebsrats verloren, der in seiner Meldung von „grundsätzlichen Differenzen bei zentralen Themen des Konzerns“ spricht.
Sonderausgabe der Mitarbeiterzeitschrift
Die Betriebsratsvorsitzende Daniela Cavallo macht in der eigens herausgegebenen Sonderausgabe der Mitarbeiterzeitschrift „Mitbestimmen“ keinen Hehl daraus, dass sie sich von Kilian mehr Widerstand gegen die Einsparungen gewünscht hätte, die VW im vergangenen Jahr beschlossen hatte und die den Abbau von 35.000 Stellen umfassen. Sein Name werde „immer mit dem Aufkündigen unserer Tariffamilie im vergangenen Jahr verbunden sein“, lässt sich Cavallo zitieren. Nun habe man abwägen müssen, ob es einen weiteren gemeinsamen Weg gebe: „Und wohlüberlegt kamen wir jetzt alle zu dem Schluss: nein.“
Der Aufsichtsrat spricht in seiner Mitteilung zudem von „unterschiedlichen Vorstellungen bei der Steuerung von Beteiligungsgesellschaften“. Das dürfte nicht zuletzt die Tochtergesellschaft MAN Energy Solutions betreffen, um die intern schon lange gerungen wird und in der Kilian den Aufsichtsrat leitet. Eine Zeitlang galt der Hersteller von Großdieselmotoren und Turbomaschinen für die maritime Industrie als Verkaufskandidat. Doch dann wurde eine Vereinbarung geschlossen, wonach das Unternehmen weiter Teil von VW bleibt. Ganz offensichtlich wird um diese und andere Beschlüsse jetzt wieder verstärkt gerungen.
Der 50 Jahre alte Kilian hat einen ganz speziellen Werdegang hinter sich. Seine Karriere hatte er einst als Lokaljournalist begonnen. Später arbeitete er im Büro des langjährigen VW-Patriarchen Ferdinand Piëch und einige Jahre darauf dann als Generalsekretär und Geschäftsführer des Konzernbetriebsrats in Wolfsburg. Ein besonders enges Verhältnis pflegte er zum früheren Vorsitzenden des Konzernbetriebsrats, Bernd Osterloh. Kilian galt eine Zeit lang als dessen verlängerter Arm in den Konzernvorstand, bis Osterloh selbst aus dem Betriebsrat ins Management wechselte und einen gut dotierten Posten als Personalvorstand in der konzerneigenen Lastwagen-Holding Traton übernahm. Wegen seiner vielfältigen Kontakte zu allen wichtigen Interessengruppen galt Kilian als Strippenzieher.
Auch im Land Niedersachsen, dem Großaktionär von VW, war er gut vernetzt, vor allem unter den Sozialdemokraten. Entsprechend warme Worte schickte ihm Ministerpräsident Olaf Lies (SPD) hinterher. „Ich bedaure es sehr, dass die Zeit von Gunnar Kilian als Personalvorstand von Volkswagen jetzt zu Ende geht“, sagte Lies am Freitagnachmittag. „Sowohl als Wirtschaftsminister von Niedersachsen als auch in meiner ersten Zeit im Aufsichtsrat von Volkswagen habe ich immer außerordentlich gerne und gut mit Gunnar Kilian zusammengearbeitet.“
Die Aufgaben des Personalvorstands soll nun vorübergehend Thomas Schäfer übernehmen, parallel zu seiner Aufgabe als Chef der Wolfsburger Stammmarke VW. Im Hintergrund soll auch der amtierende Personalchef der Marke, Arne Meiswinkel, eine wichtige Rolle spielen.
Parallel soll die Suche für eine dauerhafte Nachfolgelösung anlaufen, und wie hochpolitisch das Thema ist, zeigt die Reaktion der Gewerkschaftsführung um IG-Metall-Chefin Christiane Benner. Es sei bei VW gelebte Praxis, dass die Initiative für Vorschläge zur Besetzung des Postens von der IG Metall komme, sagte sie am Freitag. „Die Nachfolgesuche hat auch für mich persönlich höchste Priorität.“