Besserer Mathe-Unterricht mithilfe von KI?

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Stand: 04.07.2025 16:58 Uhr

Mathematik-Unterricht mit Künstlicher Intelligenz verbessern? Wie das gehen kann, zeigt ein Würzburger Bildungsforscher seinen Lehramtsstudierenden. KI soll den Unterricht praxisnäher und interessanter machen.

Mathematik-Unterricht steht immer wieder in der Kritik. Er sei altbacken, trocken und langweilig, viel zu abstrakt und zu wenig an praktischen und alltäglichen mathematischen Fragen orientiert. Da werde beispielsweise der Satz des Pythagoras gelehrt – einem Mathematiker, der vor 2.500 Jahren lebte – aber wenig bis gar nichts zu künstlicher Intelligenz, zum Umgang mit Daten oder mit gefälschten Statistiken in sogenannten Fake News.

Der Mathematik-Didaktiker Hans-Stefan Siller von der Universität Würzburg kann die Kritik zum Teil verstehen, verweist aber darauf, dass im Unterricht auch Basisfertigkeiten und Grundwissen vermittelt werden müssten. Dazu gehöre unter anderem eben der Satz des Pythagoras. Aber dieser könne auch praxisnah mit aktuellen Anwendungsbeispielen vermittelt werden.

Bei Schülerprojekttagen seines Lehrstuhls werde dies am Beispiel von Seilkamerasystemen, wie sie in Fußballstadien verwendet werden, getan. Mit dem Satz des Pythagoras lässt sich ausrechnen, wie lang – je nach Kamerawinkel – die Seile sein müssen.

Schummeln bei Hausaufgaben mit KI

Zudem, so Siller, solle man den Lehrplan auch “nicht so kleinteilig lesen”. Er biete Gestaltungsfreiheiten für den Unterricht. Außerdem sei dort ausdrücklich festgelegt, dass Schülerinnen und Schüler beispielsweise den Umgang mit künstlicher Intelligenz lernen sollen.

Aber auch daran gibt es immer wieder Kritik, denn KI verleite zum Schummeln. Schüler und Schülerinnen könnten ihre Hausaufgaben von ChatGPT & Co. erledigen lassen, so die Befürchtung, statt sie selbst zu machen und so verlernen, mathematische Aufgaben eigenständig zu lösen.

KI kritisch bewerten können

Hans-Stefan Siller verweist darauf, dass der Einsatz von KI bei Hausaufgaben – ohne eigenständiges Arbeiten – oft auch schiefgehe: “Das hatte ich gestern gerade wieder, dass eine falsche Lösung herauskommt. Da hilft es, wenn man als Lernender, aber auch als Lehrkraft das Wissen besitzt, zu erkennen: Wo wurde denn der Fehler gemacht?”

Dieses Wissen, künstliche Intelligenz kritisch zu bewerten und sie sinnvoll einzusetzen, will Siller seinen Studierenden vermitteln, damit sie dies im Mathe-Unterricht umsetzen können. Er sieht nicht nur die Fehler und Probleme mit dieser Technik, sondern auch deren Möglichkeiten. Gemeinsam mit sieben weiteren Bildungs- und Erziehungswissenschaftlern hat er diese als Leitgedanken in einem Aufsatz formuliert.

KI und große Datensätze nutzen

So könnte praxisnah ein aktuelles, dann aber oft auch kompliziertes Thema im Mathe-Unterricht aufgegriffen werden: “Die KI zerlegt dieses große, komplexe Thema in kleine Blöcke, auch alters- und leistungsgerecht.” Dann könnten die Schülerinnen und Schüler die einzelnen Aufgaben durch Anwenden von Formeln und mit Kopfrechnen lösen und letztlich diese Lösungen zusammenführen.

Lehrkräfte können die KI auch nutzen, um Prüfungsaufgaben gemäß der individuellen Leistungsfähigkeit zu erstellen, so Siller: “Das wäre eine Möglichkeit, wie man auch lernschwache Schülerinnen und Schüler entsprechend unterstützten kann.”

In seinem Mathe-Labor probiert er gemeinsam mit seinen Studierenden und auch Schülerinnen und Schülern aus, was mit KI möglich und sinnvoll ist. Beispielsweise nutzten sie Daten aus der Region zur Windenergie, um die Frage zu beantworten, ob sie einen Vorteil gegenüber fossilen Energien hat. Dabei haben sie, so Siller, “ganz bewusst KI eingesetzt, um eine klassische Aufgabe für den Unterricht zu generieren”. Die KI war hilfreich, machte aber eben auch Fehler. Seine Studierenden erwerben so das Rüstzeug, diese zu erkennen.

“Lebendige Mathematik” lehren

Eine seiner Studentinnen, Miriam Müller, beschäftigt sich viel mit digitalen Tools für den Unterricht, die das mathematische Denken fördern sollen. Zugleich sehe sie aber auch, “welche Kompetenzen nötig sind, um damit erlangte Informationen aus dem Netz kritisch zu hinterfragen”. Sie werde ganz praktisch darin geschult, Schülern beizubringen, wie sie verzerrte Darstellungen in Statistiken erkennen können oder “wie Mathematik hilft, Fake News zu entlarven”.

Im Mathe-Labor kann sie nicht nur den Einsatz von KI und digitalen Tools ausprobieren, sondern lernt dort auch, Unterrichtsinhalte experimentell und anschaulich zu gestalten: “Im Rahmen von Übungen mit Schulklassen können wir Studenten erleben, wie stark sich Motivation und Verständnis bei den Lernenden verändert, wenn die Mathematik mit allen Sinnen greifbar ist.” Denn sie möchte künftig einen Unterricht gestalten, in dem nicht nur richtig gerechnet wird, sondern “der Mathematik als etwas Lebendiges zeigt”.