Böses Erwachen für Elon Musk

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Der Moment, den Elon Musk unbedingt verhindern wollte, ist gekommen: Donald Trumps Steuer- und Ausgabengesetz „The One Big ­Beautiful Bill“ ist Realität. Am Freitag, dem amerikanischen Nationalfeiertag, wollte es der Präsident unterzeichnen, nachdem es in den Tagen zuvor von den beiden Kammern im Kongress gebilligt worden war. Dabei hatte Musk auf seiner Plattform X Stimmung gegen das Gesetz gemacht. Er drohte damit, alle Politiker, die für das Gesetz stimmen, aus dem Amt zu jagen, indem er Gegenkandidaten unterstützt, „und wenn es das Letzte ist, was ich auf dieser Erde tue“.

Musk warnte, er werde schon am Tag nach der Verabschiedung des Gesetzes eine neue Partei gründen, die „America Party“. Aber die Senatoren und Abgeordneten der Republikaner im Kongress haben die donnernden Einschüchterungsversuche des reichsten Menschen der Welt weitgehend ignoriert. Sie folgten Trump, der seinerseits gewaltigen Druck auf sie ausgeübt hatte, das Gesetz durchzuwinken. Im Senat fanden sich am Ende nur drei und im Abgeordnetenhaus sogar nur zwei Republikaner, die dagegen votierten.

So ist das Gesetz nicht nur ein Triumph für Trump, der damit zentrale Punkte seiner Agenda vorantreiben kann. Es ist auch ein böses Erwachen für Musk, denn es markiert ein zumindest vorläufiges Ende seiner Zeit als Machtzentrum in Washington. Der Vorstandsvorsitzende des Elektroautoherstellers Tesla und des Raumfahrtunternehmens SpaceX war nach Trumps Wahlsieg im November allgegenwärtig. Er schien Trump kaum noch von der Seite zu weichen, nannte sich selbst „First Buddy“, und Trump gab ihm eine einflussreiche Position als führende Figur der Arbeitsgruppe „DOGE“, die radikale Einschnitte im Regierungsapparat durchsetzte.

Musk galt als eine Art „Ko-Präsident“

Musk ging im Weißen Haus und auch im Kongress ein und aus, viele Politiker schmückten sich mit ihm. Oft hieß es, er sei eine Art „Ko-Präsident“. Aber mit seiner Kritik an dem Gesetz provozierte er ein öffentlichkeitswirksames Zerwürfnis mit Trump – und damit scheint auch sein politischer Einfluss erst einmal verpufft zu sein. Ein ranghoher Mitarbeiter aus dem Weißen Haus sagte dem Fernsehsender CNN mit Blick auf Musk: „Niemanden kümmert es mehr wirklich, was er sagt.“

Seine Abneigung gegen das Gesetz begründet Musk mit dessen Folgen für die Staatsverschuldung: Schätzungen zufolge wird es sie bis 2034 um mehr als drei Billionen Dollar erhöhen. Musk hat gesagt, es werde die USA in die „Schuldensklaverei“ stürzen und Millionen von Arbeitsplätzen im Land zerstören.

Trump hält Musk dagegen vor, aus reinem Eigennutz zu handeln. Ihn störe das Gesetz, weil es Subventionen für Elektroautos streicht. Tatsächlich sieht es eine Abschaffung von Steuergutschriften von bis zu 7500 Dollar für Käufer von Elektrofahrzeugen vor, von denen Tesla bisher profitiert hat. Musk hat zwar gesagt, ein Wegfall der Förderung würde konkurrierende Hersteller viel härter treffen. Aber das Unternehmen kann derzeit jede Hilfe gebrauchen, denn es hat in den USA wie auch anderswo erheblich Marktanteile verloren.

Musk distanzierte sich zunehmend von Trump

Musk hat sich in den vergangenen Monaten schon mehrfach von Trump abgegrenzt und zum Beispiel deutlich gemacht, dass er nicht mit dessen Zollpolitik übereinstimmt. Aber seine Kritik an dem Steuer- und Ausgabengesetz war besonders harsch. Anfang Juni schrieb er auf X, es sei eine „widerliche Abscheulichkeit“.

Trump ließ das nicht auf sich sitzen und sagte während eines Besuchs von Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) im Weißen Haus, er sei „sehr enttäuscht“ von Musk. Von da an eskalierte der Streit. Musk sagte, Trump wäre ohne seine Hilfe nicht zum Präsidenten gewählt worden, er suggerierte sogar, Trump habe engere Verbindungen zum verurteilten Sexualstraftäter Jeffrey Epstein gehabt als bisher öffentlich bekannt. Schon damals brachte er die Idee ins Spiel, eine neue Partei zu gründen. Trump konterte, Musk sei „verrückt“ geworden, und er drohte, Musks Unternehmen Milliardenaufträge zu entziehen.

Zwischenzeitlich schienen sich die Wogen etwas zu glätten, und Musk sagte, er bereue einige der Dinge, die er über Trump gesagt habe. Aber in den Tagen vor den Abstimmungen über das Gesetz im Kongress ist der Streit wieder aufgeflammt, und diesmal kamen die heftigsten persönlichen Attacken von Trump. Er drohte Musk düster, viel mehr verlieren zu können als nur Steuergutschriften, und er solle sich besser nicht auf Spiele mit ihm einlassen. Womöglich werde man das „Monster DOGE“ auf Musk selbst ansetzen müssen, um ihn zu „fressen“.

Trump drohte Musk mehrfach

Als ein Journalist Trump fragte, ob er Musk abschieben wolle, schloss er das nicht aus und sagte: „Ich weiß es nicht. Das werden wir uns ansehen müssen.“ Musk stammt ursprünglich aus Südafrika, ist aber seit 2002 amerikanischer Staatsbürger. Trump drohte abermals, Musks Unternehmen von Regierungsaufträgen und staatlichen Subventionen auszuschließen.

Trump könnte seinem einstigen Berater auf vielfache Weise schaden, nicht nur mit dem Entzug von Aufträgen. Regulierungsbehörden könnten Musks Unternehmen das Leben um einiges schwerer machen. Etwa mit Blick auf ein sehr wichtiges Projekt von Tesla rund um autonomes Fahren. Das Unternehmen hat vor wenigen Wochen im texanischen Austin Tests mit Robotaxis gestartet und ist damit innerhalb kurzer Zeit ins Visier der Verkehrssicherheitsbehörde NHTSA geraten. Sie forderte Informationen von ihm an, nachdem im Internet Videos von Robotaxis mit erratischem Fahrverhalten aufgetaucht waren.

Musk beschreibt autonomes Fahren als einen der wichtigsten Zukunftsmärkte für Tesla, und Analysten sehen diese Verheißungen als wesentlichen Grund für die hohe Bewertung des Unternehmens an der Börse. Musk hat in seiner Zeit mit DOGE zwar viele Behörden geschwächt, aber Trump könnte sie nun gezielt gegen ihn einsetzen.

Reichtum und Plattform X verschafften Musk Einfluss

Seinen politischen Einfluss hat sich Musk nicht zuletzt mit seinem Reichtum und mit X verschafft. Er hat im vergangenen Jahr mehr als 270 Millionen Dollar ausgegeben, um Trump und andere Republikaner im Wahlkampf zu unterstützen, und er hat auf X aggressiv für Trump geworben. Aber er musste mittlerweile auch feststellen, dass sich Einfluss nicht einfach erkaufen lässt. Als er in diesem Frühjahr seinem Muster aus Trumps Wahlkampf folgte, um einen Kandidaten im Rennen um einen Sitz am Obersten Gerichtshof im Bundesstaat Wisconsin zu unterstützen, erlebte er damit einen Reinfall. Der Kandidat verlor mit deutlichem Rückstand, obwohl Musk und mit ihm verbundene Gruppen mehr als 20 Millionen Dollar für ihn ausgegeben hatten.

Zu diesem Zeitpunkt hatte Musks Ruf in der Öffentlichkeit schon erheblichen Schaden genommen, nicht zuletzt wegen der Kahlschlagaktionen von „DOGE“. Das öffentliche Bild von ihm hat sich bis heute nicht merklich verbessert, auch wenn er noch immer eine stattliche Fangemeinde hat. In einer im Juni veröffentlichten Umfrage der Quinnipiac University gaben nur 30 Prozent der Befragten an, sie hätten eine positive Meinung über ihn. 57 Prozent sagten, sie hätten einen negativen Eindruck. Die schwachen Popularitätswerte legen nahe, dass er sich nicht gerade als Galionsfigur für eine neue Partei aufdrängen würde, sollte er diesen Schritt wirklich gehen wollen. Auch die zuletzt drastisch gesunkenen Verkaufszahlen von Tesla werden weithin mit Antipathie gegenüber Musk in Verbindung gebracht.

Zumindest ein Stück weit ist Musk offenbar zu Selbstkritik fähig, wenn er auf seine Zeit im Trump-Orbit zurückblickt. Vor wenigen Tagen sprach ihn ein X-Nutzer auf einen denkwürdigen Moment im Februar an, als er auf einer Konferenz mit einer Kettensäge posierte. Musk habe sich „zum Narren gemacht“, schrieb der Nutzer. Der Multimilliardär wies das nicht von sich – und sagte selbst über seinen damaligen Auftritt: „Das hat Empathie vermissen lassen.“