Anklage in Österreich rückt näher

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Seit einem halben Jahr sitzt der Milliardenpleitier René Benko in Untersuchunghaft in Wien. Bald dürfte es eine Anklage gegen den Gründer der Immobiliengruppe Signa geben. Ein entsprechender Vorhabensbericht liegt nach der Prüfung durch das österreichische Justizministerium nun wieder bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA). Darüber berichteten mehrere österreichische Medien. Das Ministerium dürfte „dem Vernehmen nach“ grünes Licht für die Anklage gegeben haben.

In einem Vorhabensbericht legt die Staatsanwaltschaft dar, ob sie einen Ermittlungsstrang einstellen oder Anklage erheben will. Vorhabensberichte sind verpflichtend in Verfahren von besonderem öffentlichen Interesse, in sogenannten „clamorosen“ Angelegenheiten. Einen solchen Vorhabensbericht hatte die WKStA im Juni dem Justizministerium zukommen lassen, dem die Entscheidung darüber obliegt. In welche Richtung es bei dem Vorhabensbericht ging – ob die Staatsanwaltschaft also eine Anklage empfohlen hat oder nicht – gab die Behörde nicht bekannt. Laut ORF erfolgt eine Anklage, allerdings gab der Sender keine Quelle an.

Die Anklagebehörde ermittelt derzeit in zwölf verschiedenen Strängen rund um den Zusammenbruch des verschachtelten Imperiums, das zur größten Insolvenz in Österreich und wegen der länderübgreifenden Vernetzung zu den großen in Europa gehört. Die Ermittler werfen Benko vor, Investoren getäuscht und Gläubiger geschädigt zu haben – die Staatsanwaltschaft geht deswegen unter anderem von Vermögensverschleierung in betrügerischer Absicht aus. Sollte es tatsächlich zu einer ersten Anklage kommen, wäre dies wohl nur eine Teilerledigung eines umfangreichen Gesamt-Komplexes. Benko hat sämtliche Vorwürfe stets bestritten. Nicht nur in Österreich ermittelt die Justiz, ebenso sind Staatsanwaltschaften in Deutschland und in Italien tätig.

Verkauf des Kaufhaus Tyrol wohl bald unter Dach und Fach

Unterdessen geht die Verwertung der Vermögensteile weiter. Der Verkauf des Kaufhaus Tyrol in Innsbruck – ein ehemaliges Prestigeobjekt von Benko – dürfte bald unter Dach und Fach sein. Die Horn Grundbesitz GmbH, ein Peek & Cloppenburg nahestehendes Konsortium, könnte nach Informationen der Austria Presse Agentur (APA) das Kaufhaus im Herzen der Tiroler Landeshauptstadt bis Ende des Monats übernehmen. Als Betreiber soll das in Deutschland, Belgien, den Niederlanden und Österreich tätige Immobilienunternehmen Midstad auftreten.

Die Verhandlungen waren indes noch nicht abgeschlossen, über die Verkaufssumme gab es zudem keine gesicherten Informationen. Medienberichten zufolge soll sich diese jedoch zwischen 100 und 150 Millionen Euro bewegen. Ob die Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) bereits grünes Licht erteilt hatte, war ebenfalls noch nicht bekannt.

Midstad-Geschäftsführer Kevin Meyer bestätigte am Freitag gegenüber der APA, dass das Kaufhaus Tyrol für das Immobilienunternehmen „jedenfalls interessant“ sei. Das Ziel sei immer, „Immobilien langfristig zu erhalten, die den Austausch und die Begegnung von Menschen fördern und damit einen nachhaltigen Beitrag zur Wiederbelebung von Innenstädten zu leisten“. In Österreich ist Midstad aktuell in Salzburg und Wien aktiv. In der Bundeshauptstadt soll bis Ende 2026 neben der Peek & Cloppenburg-Filiale auf der Mariahilfer Straße die denkmalgeschützte Herzmansky-Fassade revitalisiert und ein modernes „Mixed-Use-Objekt“ mitsamt Hotel und Gastronomie entwickelt werden.

An der Übernahme des Kaufhaus Tyrol ist indes auch der Modeunternehmer Patrick Cloppenburg beteiligt. Er ist Teil der Geschäftsleitung der Horn Grundbesitz GmbH (Liechtenstein). Nach einem Bericht von Norbert Abel, Masseverwalter der Signa Prime Selection AG, wurde dem Bestbieter Exklusivität eingeräumt. Er ging von einem endgültigen Übertrag bis Ende des zweiten Quartals aus.

Benko hatte das Kaufhaus im Herzen seiner Heimatstadt im Jahr 2004 gekauft, das alte Gebäude abreißen und das neue Kaufhaus Tyrol errichten lassen. Im Jahr 2010 wurde es schließlich nach Millioneninvestitionen wieder eröffnet. Es bietet mehr als 50 Geschäfte auf 33.000 Quadratmetern und fünf Stockwerken. Das Gebäude war vom englischen Stararchitekten David Chipperfield in Zusammenarbeit mit Dieter Mathoi geplant worden. Die Immobilie gehörte der insolventen Signa Prime, in der Filetstücke gebündelt waren.