In der Diskussion um die Maskenbeschaffung in der ersten Phase der Corona-Pandemie ist neues Material aufgetaucht, das den damaligen Gesundheitsminister und heutigen Unions-Fraktionschef Jens Spahn (CDU) entlastet. Danach ist die Geschäftsbeziehung der Bundesregierung mit dem Schweizer Lieferanten Emix viel reibungsloser und für den Steuerzahler glimpflicher verlaufen als bisher angenommen.
Die neuen Erkenntnisse sind bedeutsam, da der jetzt ungeschwärzt vorliegende Maskenbericht der ministeriellen Aufklärungsbeauftragten Margaretha Sudhof (SPD) etwas anderes nahelegt: dass das Bundesgesundheitsministerium unter Spahn an Emix übertriebene Preise gezahlt, dass es zu große Qualitätsmängel akzeptiert und nicht auf einer angemessenen Schadenregulierung im Sinne des Steuerzahlers bestanden habe.
Aus einem Bericht des Bundesgesundheitsministeriums an den Haushaltsausschuss vom März 2021, etwa ein Jahr nach den Vertragsabschlüssen mit Emix, geht hingegen hervor, dass das Schweizer Unternehmen das erste war, das über Direktaufträge überhaupt an den Bund liefern konnte. Es habe im März und April 2020 sechs Angebote von Emix über Persönliche Schutzausrüstung (PSA) gegeben, daraus seien vier Verträge über Einmalhandschuhe und Masken zustande gekommen, heißt es in dem Papier, das der F.A.Z. vorliegt.
„Verlässlich, kurzfristig, termingerecht und in solider Qualität“
Eine Qualitätsprüfung habe damals ergeben, dass Emix „einer der wenigen Lieferanten war, welcher zu Beginn der Pandemie große PSA-Mengen verlässlich, kurzfristig, termingerecht und in solider Qualität liefern konnte“, heißt es in der Vorlage für den Parlamentsausschuss. Außerdem habe sich die Gesellschaft „rollierend“ vorfinanzieren können, so dass die jüngste Zahlung immer für die nächste Charge herangezogen werden konnte. Auch Teile des Warentransports habe Emix selbst übernommen, lobt das Papier.
Es sei um 210 Millionen OP-Masken zu 0,60 Euro je Stück gegangen, um 150 Millionen höherwertigere Masken vom Typ FFP2 und KN95 zu durchschnittlich 5,58 Euro sowie um 44 Millionen Einmalhandschuhe zu 0,09 Euro. Die Preise bezeichnet das Papier als „marktüblich“.
Das Material sei dringend benötigt worden: Zum Zeitpunkt des letzten Vertragsabschlusses habe das Ministerium nur über 20 Millionen auslieferungsfähige FFP2- und neun Millionen OP-Masken verfügt. Als ausreichende Maximalmenge seien indes fünf Milliarden Masken berechnet worden. Die möglichen Liefermengen im Zuge des offene Beschaffungswegs (Open House) seien damals noch nicht bekannt gewesen.
Der Bund habe „gute Erfahrungen“ mit Emix gemacht, dann sei die Maskenqualität aber schlechter geworden. Doch auch dann – anders als später im Sudhof-Bericht insinuiert – habe sich das Unternehmen verlässlich verhalten, indem es „nach Mängelrügen fehlerhafte Ware verzugslos und komplikationslos (insbesondere ohne rechtliche Auseinandersetzungen) austauschte“.
Die Mängelquote von 109 Millionen FFP2-Masken habe 14,7 Prozent, bei 77 Millionen OP-Masken 13,2 Prozent betragen: „Die Ausfallquote ist damit eine der niedrigsten im Bereich der Direktbeschaffungen des Bundes.“ Im Sudhof-Bericht ist indes von bis von 40 bis 48 Prozent die Rede und von FFP2-Stückpreisen von 6,42 bis 7,08 Euro.
Das Papier für den Haushaltsausschuss vom März 2021 stellt klar, dass es der Bund in einem Vergleichsverfahren mit Emix (Klarstellungsvereinbarung) geschafft habe, die Liefermengen zu verringern. Und zwar bei den FFP-Masken um 33 Millionen Stück zum Gesamtwert von 212,60 Millionen Euro brutto und bei den OP-Masken um 126,5 Millionen Stück für insgesamt 90,30 Millionen Euro brutto.