Der französische Außenminister Jean-Noël Barrot hat in einem Telefonat mit dem iranischen Außenminister Abbas Araghchi am Sonntagabend die sofortige Freilassung der beiden französischen „Geiseln“ Cécile Kohler und Jacques Paris gefordert. Aus dem Außenministerium in Paris wurde auch über das „besorgniserregende Verschwinden“ eines 18 Jahre alten Deutsch-Franzosen in Iran berichtet.
Obwohl französischen Staatsbürgern dringend von Reisen nach Iran abgeraten wird, da Teheran eine gezielte Politik der Geiselnahme westlicher Staatsbürger betreibe, sei der junge Mann nach seinem Abibac allein mit dem Fahrrad nach Iran gereist, hieß es in Paris. Die Etappe in Iran war Teil einer 400 Tage langen Radtour durch 35 Länder, die der Abiturient in den sozialen Netzwerken mit Videos dokumentierte. Seine letzte Aufzeichnung stammt vom 16. Juni. Seither wird Lennart Monterlos vermisst. Iran hat sich zu seinem Verbleib bisher nicht geäußert. Aus dem Auswärtigen Amt in Berlin hieß es, „der Sachverhalt ist dem Auswärtigen Amt bekannt“. Details wurden nicht genannt.
Es ist weiterhin nicht geklärt, ob der junge Deutsch-Franzose zu jenen Europäern gehört, die nach iranischen Angaben kürzlich wegen Spionage für Israel festgenommen wurden. Während des Zwölf-Tage-Krieges gegen Israel hatten die iranische Justiz und die Geheimdienste mindestens fünf Festnahmen von Europäern wegen angeblicher Spionage in den Provinzen Kermanschah, Hormozgan, Kohgiluye und Boyer Ahmad, Markazi sowie Hamedan verkündet. In einem Fall handelte es sich um einen deutschen Fahrradtouristen, der allerdings bereits seit einem Jahr in Haft ist.
Französisches Ehepaar seit Mai in Haft
Im Fall von Cécile Kohler und ihrem Partner Jacques Paris ist derzeit nicht bekannt, wo sie festgehalten werden. Das Paar war aus dem Teheraner Evin-Gefängnis verlegt worden, nachdem Israel die Haftanstalt am 23. Juni aus der Luft bombardiert hatte. Ob dies auch für den Deutschen gilt, der im Evin-Gefängnis festgehalten wurde, wollte das Auswärtige Amt nicht kommentieren. Nach iranischen Angaben wurden bei dem Luftangriff mindestens 79 Personen getötet, darunter Angehörige von Gefangenen, Sozialarbeiter, Wehrpflichtige, Gefangene sowie der leitende Staatsanwalt des Gefängnisses. Die Friedensnobelpreisträgerin Narges Mohammadi kritisierte den israelischen Angriff als „Kriegsverbrechen“.
Vor drei Tagen konnte ein Mitarbeiter der französischen Botschaft Kohler und Paris besuchen. Seither hat ihre Lage eine neue Wendung genommen. Das Paar ist wegen „Spionage für den Mossad“, den israelischen Auslandsgeheimdienst, „Verschwörung zum Sturz des Regimes“ und „Korruption auf Erden“ angeklagt, wie jüngst bekannt wurde. Zuvor hatte Iran nur angegeben, die beiden hätten Spionage betrieben. Die Anschuldigungen seien eine „Provokation gegenüber Frankreich“, sagte Präsident Emmanuel Macron.
Die 40 Jahre alte Französischlehrerin und ihr 72 Jahre alter Lebensgefährte waren am 7. Mai 2022, dem letzten Tag einer Urlaubsreise in Iran, festgenommen worden. Erst vor wenigen Tagen hat das iranische Parlament ein verschärftes Spionagegesetz verabschiedet. Demnach wird jegliche Geheimdienst- oder Spionagetätigkeit für Israel oder die Vereinigten Staaten, die gegen Irans nationale Interessen oder Sicherheit verstößt, als „Korruption auf Erden“ bewertet und kann mit dem Tod bestraft werden. Bei Kontakten zu ausländischen Medien und der Nutzung von Starlink für einen unzensierten Zugang zum Internet drohen Haftstrafen.