Wirtschaftsministerium kritisiert „nachweislich falsches Zitat“

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Es gibt Zweifel, ob die Aufklärungsbeauftragte im Bundesgesundheitsministerium (BMG), Margaretha Sudhof (SPD), die Vorgänge rund um die Beschaffung von Corona-Masken im Frühjahr 2020 unvoreingenommen geprüft hat. Sudhofs Bericht setzt den Chef der Unionsfraktion, Jens Spahn (CDU), unter Druck, der damals Gesundheitsminister war. Ein jetzt aufgetauchter interner Aktenvermerk aus dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWE) vom 30. Juni dieses Jahres legt nahe, dass sich die Ermittlerin nicht an interministerielle Absprachen gehalten sowie inhaltliche Zulieferungen aus dem Zusammenhang gerissen und sogar falsch wiedergegeben haben könnte.

An diesem Dienstag tagt in Berlin der Haushaltsausschuss des Bundestags zu diesem Thema und will auch Sudhof anhören. In dem Aktenvermerk, welcher der F.A.Z. vorliegt, heißt es, Sudhof habe entgegen einer klaren Absprache an zwei Stellen ihres Maskenberichts aus einem vom Wirtschaftsministerium am 3. Dezember 2024 übermittelten Dokument wörtlich zitiert. Das Haus von Katherina Reiche (CDU) rügt in ungewöhnlich scharfer Form: „Dabei wird 1.) fälschlicherweise der Eindruck erweckt, dass sich das BMWE in seinen Ausführungen auf die Maskenbeschaffung des BMG bezogen hätte, und 2.) eine Textpassage bewusst verfälscht und trotzdem als wörtliches Zitat wiedergegeben, um eine Positionierung des BMWE zu suggerieren, die es nicht gab.“

Die Kritik bezieht sich auf ein Unterkapitel im Sudhof-Bericht zum Preisrecht. Darin wird untersucht, ob das BMG unter Spahn möglicherweise die Preisverordnung für öffentliche Aufträge missachtet habe und ob es deshalb angezeigt sei, Preisprüfungsbehörden damit zu befassen (F.A.Z. vom 6. Juni). Die Frage hat Relevanz für den Streitwert in Dutzenden Gerichtsverfahren von Maskenhändlern gegen das BMG. Dabei geht es um 2,3 Milliarden Euro plus Zinsen und Verfahrenskosten. Sudhofs Auftraggeber, Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hatte stets angekündigt, den Schaden für den Bund zu minimieren.

„Nachweislich falsches Zitat“

Laut Aktenvermerk drangen „BMG / Frau Sudhof“ darauf, das BMWE-Dokument „in laufende Gerichtsverfahren einzubringen“. Das habe das Wirtschaftsministerium im Januar 2025 aber auf Staatssekretärsebene abgelehnt. Reiches Haus stellt klar, dass sich das zuständige Referat „nie im Speziellen zur Maskenbeschaffung des BMG geäußert [habe], sondern nur im Allgemeinen zur Anwendung des Preisrechts“. Man habe den Bezug zu den Masken explizit abgelehnt.

Ein „nachweislich falsches Zitat“ sei es, dass das Wirtschaftsministerium geraten habe, „die zuständigen Preisprüfungsbehörden zu befassen“, heißt es. „Eine solche Beratung hat nicht stattgefunden.“ Die auf Seite 131 im inzwischen zugänglichen Sudhof-Bericht genannten Zitate des Fachreferats des Wirtschaftsministeriums „befinden sich im Original in unterschiedlichen Absätzen und haben unterschiedliche Bezüge“. Durch Kürzung und eine Einführung sei die Einlassung „bewusst falsch wiedergegeben“ worden. Die an dem Vorgang beteiligten Ministerien, auch das für Sudhof zuständige BMG, wollten sich zu dem Aktenvermerk am Montag nicht äußern.

Der Sudhof-Bericht legt nahe, dass das Gesundheitsministerium unter Spahn wichtige Teile des Preisrechts nicht kannte oder ignorierte. Es geht vor allem um die Verordnung PR Nr. 30/53 „über die Preise bei öffentlichen Aufträgen“, wonach „Rechtsgeschäfte, die gegen den Höchstpreisgrundsatz verstoßen, in Bezug auf den unzulässigen Preis nichtig sind“.

Kritik an Jens Spahn

Im Falle eines Marktversagens könnten zwar Preisausschläge zulässig sein. Genau das müsse aber erst einmal geklärt werden, und zwar für jede einzelne Transaktion. Was die besonders umstrittenen und mit Prozessen belegten offenen Beschaffungswege (Open-House) angeht, hält das Papier der Ermittlerin fest: „Auch diese Vergabe könnte aufgrund der preisrechtlichen Regularien unzulässig und auch dem öffentlichen Auftraggeber nicht gestattet gewesen sein.“

Konkret kritisiert die interne Untersuchung: „Der vom damaligen Bundesminister [Spahn] festgelegte Preis für FFP2-Masken in Höhe von 4,50 EUR (netto) überstieg nicht nur die Empfehlungen der Fachebene um rund 37 Prozent. Er könnte auch gegen den als Verbotsgesetz ausgestalteten Höchstpreisgrundsatz verstoßen haben.“ Die Berufung auf das Bundeswirtschaftsministerium in Fragen der Preisverordnung könnte jetzt einen Riss bekommen.