Lars Klingbeil hätte seine Rede besser nutzen müssen

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Es ist seltsam. Nach nur neun Wochen im Amt, wie er selbst betont, klingt der neue Bundesfinanzminister Lars Klingbeil in seiner ersten Haushaltsrede, als habe er sie schon dutzende Male abgespult – obwohl wahrlich ungewöhnliche Zahlen zu verteidigen sind. Immerhin ermöglicht der Haushaltsentwurf für dieses Jahr einen Schuldenrekord von mehr als 140 Milliarden Euro. Statt dieser Summe nennt Klingbeil lieber die Verschuldung im Kernhaushalt ohne die „Sondervermögen“: immer noch stolze 82 Milliarden Euro.

Trotz dieser Zahlen hat sich Klingbeil keine Mühe gemacht, besser zu erläutern, wie aus Schulden das angestrebte tragfähige Wirtschaftswachstum von zwei Prozent werden soll. Hier sprach der SPD-Vorsitzende und Vizekanzler, der sein Publikum mit der Nacherzählung der Koalitionsvorhaben einlullt – garniert mit sozialdemokratischen Floskeln zur Beruhigung seiner Partei, die an ihrem Vormann zweifelt. Das suggeriert, aus Schulden würden quasi automatisch Investitionen, die das Land gerechter, moderner, zukunftsfähiger machen, die Demokratie stabil, die Arbeitsplätze sicher – natürlich bei Mindestlöhnen, die von „Respekt vor den hart arbeitenden Menschen“ künden.

Angeblich wird auch schon gespart, wobei Klingbeil im Haushälterjargon verklausuliert von „konsolidieren“ spricht. Die Fakten, die er anführt, zeugen von geringem Ehrgeiz: Weniger Geld für Entwicklungshilfe, weniger Bundesbeauftragte, alles andere sind Absichtserklärungen wie auch die versprochenen „Strukturreformen“. In der kurzen Frist hat die Koalition es aber immerhin geschafft, erste Steuersenkungen für Investoren auf den Weg zu bringen und mit dem Bauturbo Planungsverfahren zu erleichtern. Ebenso schnell hat sie allerdings die Mietpreisbremse verlängert.

Das erinnert Investoren unsanft daran, dass sie auch von dieser Regierung nicht nur umworben werden. Solche Widersprüche untergraben das Vertrauen in den schwarz-roten Reformwillen und wecken in Unternehmen die Sorge, dass die Summen, mit denen die Politik lockt, mit marktwidrigen Auflagen verknüpft sein könnten. Statt das linke Herz seiner Partei zu bedienen, hätte Klingbeil seine erste, aufmerksam verfolgte Haushaltsrede besser nutzen müssen, um die Sorgen privater Investoren zu entkräften.