Deutlich mehr Tote durch Klimawandel

10

Schnell-Studie veröffentlicht

Jüngste Hitzewelle: Deutlich mehr Tote durch Klimawandel

Aktualisiert am 09.07.2025 – 06:00 UhrLesedauer: 4 Min.

Sommerwetter in Baden-WürttembergVergrößern des Bildes

Ein Mann kühlt sich bei Hitze ab. (Archivbild) (Quelle: Thomas Warnack/dpa/dpa-bilder)

News folgen

Kürzlich lag Europa unter einer Hitzeglocke. Wie drastisch der Klimawandel die Zahl der Hitzetoten steigert, zeigt nun eine Analyse.

Bei der extremen Hitzewelle von Ende Juni bis Anfang Juli hat der Klimawandel die Zahl der Todesopfer in europäischen Großstädten einer Studie zufolge etwa verdreifacht. Das berichtet ein internationales Forschungsteam nach einer Analyse der Entwicklung in zwölf Großstädten, darunter Frankfurt, im Zeitraum vom 23. Juni bis 2. Juli. Damals kletterten die Temperaturen in vielen Städten auf Extremwerte von teils deutlich über 40 Grad Celsius.

Das Forschungsteam aus Großbritannien, Dänemark, den Niederlanden und der Schweiz schätzt die Zahl der hitzebedingten Todesfälle in den zwölf Großstädten für den Zehn-Tage-Zeitraum auf insgesamt 2.300. Etwa zwei Drittel davon, rund 1.500, gehen demnach auf das Konto des Klimawandels. Ohne die Erderwärmung, die die Temperatur in den Städten demnach tagsüber um 1 bis 4 Grad zusätzlich steigerte, wären den Berechnungen der Gruppe zufolge in diesen Städten etwa 800 Menschen an Hitze gestorben.

Für die sehr zeitnah vorgenommene Analyse habe sich das Team auf eine anerkannte Methodik gestützt, sagt der renommierte Hamburger Klimatologe Jochem Marotzke, der nicht an der Arbeit beteiligt war. Dabei verglich die Gruppe die tatsächlich in den Städten gemessenen Temperaturen in dem Zeitraum anhand eines Modells mit Werten, die ohne den Klimawandel erreicht worden wären. Für beide Szenarien errechnete das Team dann die Zahl der erwarteten Hitzetoten.

Unter der jüngsten Hitzewelle litten demnach besonders verletzliche Gruppen wie etwa Menschen mit Vorerkrankungen. 88 Prozent der geschätzten Todesfälle entfielen auf die Altersgruppe ab 65 Jahren, berichtet das Team, dem unter anderem die Attributionsexpertin Friederike Otto vom Imperial College London angehört.

Hitze in FrankreichVergrößern des Bildes
In Paris herrschte wegen der hohen Temperaturen Alarmstufe Rot. (Archivbild) (Quelle: Thibaud Moritz/AFP/dpa/dpa-bilder)

Demnach verursachen Hitzewellen wesentlich mehr Todesfälle als andere Naturkatastrophen. Zum Vergleich: Bei den Überschwemmungen in der spanischen Region Valencia kamen demnach im vergangenen Jahr 224 Menschen ums Leben, bei den Flutkatastrophen 2021, darunter im Ahrtal, starben im nordwestlichen Europa 243 Menschen.

Die untersuchten zwölf Städte waren in unterschiedlichem Ausmaß von den Folgen der Hitzewelle betroffen: Demnach entfielen knapp 320 der durch den Klimawandel zusätzlich entstandenen Todesfälle auf Mailand, 286 auf Barcelona, 235 auf Paris und 171 auf London. In Frankfurt liegt die Zahl mit 21 zusätzlichen Todesopfern vergleichsweise niedrig.

Gerade weil Opfer von Hitzewellen eher wenig öffentliche Aufmerksamkeit erfahren, spricht das Team von einem “lautlosen Killer”. “Hitzewellen hinterlassen keine Schneise der Verwüstung wie Flächenbrände oder Stürme”, erklärt Co-Autor Ben Clarke vom Imperial College London. “Ihre Folgen sind überwiegend unsichtbar, aber im Stillen verheerend. Eine Differenz von nur 2 bis 3 Grad Celsius kann für Tausende von Menschen den Unterschied zwischen Leben und Tod bedeuten.”

Hitze in BelgienVergrößern des Bildes
Ein Wasserbrunnen während der Hitzewelle in Belgien. (Archivbild) (Quelle: Virginia Mayo/AP/dpa/dpa-bilder)

Als Folge des Klimawandels ist die globale Temperatur im Vergleich zur vorindustriellen Zeit bereits um 1,3 Grad gestiegen, wobei Europa gerade im Sommer stärker betroffen ist als andere Kontinente. Clarke verweist darauf, dass im Lauf des 21. Jahrhunderts 3 Grad Unterschied erreicht werden könnten, sofern die Nutzung fossiler Brennstoffe wie Öl, Kohle oder Gas nicht ende. Dies würde noch weit heftigere Hitzewellen mit sich bringen.

Das Team betont, sich in der Studie auf Todesfälle konzentriert zu haben. Zusätzlich gebe es weitere Folgen – von Krankenhauseinlieferungen, etwa von Menschen mit Asthma oder Lungenerkrankungen, über Schulschließungen bis hin zu Arbeitsausfällen, dem Abschalten von Atomkraftwerken und einer höheren Zahl an Flächenbränden aufgrund der durch die Hitze ausgedörrten Vegetation.