Jahresbericht: Bundespolizisten sind stark belastet

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Enorm viele Überstunden, schlechte Ausrüstung und Diskriminierung – der Polizeibeauftragte des Bundes hat in seinem Jahresbericht eine Reihe von Missständen bei der Bundespolizei aufgeführt. Vor allem die ausgeweiteten Grenzkontrollen haben Uli Grötsch, der das Amt des Polizeibeauftragten seit gut einem Jahr inne hat, stark beschäftigt. Er stellte seinen Bericht am Mittwoch vor.

Die etwa 14.000 an der Grenze Dienst leistenden Bundespolizisten sammelten Überstunden in Millionenhöhe auf. Während der Grenzkontrollen seien die Männer und Frauen oft ohne Schutz dem Wetter ausgesetzt, es gebe an den Kontrollstellen nicht genügend zu trinken, oft müssten auch im Winter Toilettenhäuschen genutzt werden. Oft fehle es an Geräten, die die Kontrollen beschleunigen und erleichtern würden, etwa zur Durchleuchtung von Lastwagen.

Insgesamt, so heißt es in dem Bericht von Grötsch, fehle es an einem Konzept, wie die Kontrollen über einen längeren Zeitraum organisiert werden sollen.

Uli Grötsch (SPD), Polizeibeauftragter des Bundes am Mittwoch in Berlin
Uli Grötsch (SPD), Polizeibeauftragter des Bundes am Mittwoch in Berlindpa

Der Polizeibeauftragte des Bundes ist zum einen Interessensvertreter der Bundespolizisten. Grötsch, der zuvor SPD-Bundestagsabgeordneter war, ist aber auch Ansprechpartner für die Bürger, die Probleme mit der Bundespolizei haben. Grötschs Behörde kann keine Disziplinarverfahren einleiten, sondern das Gespräch mit den Beteiligten suchen. Außerdem sind die Polizeibehörden des Bundes der Behörde gegenüber auskunftspflichtig. Auch die meisten Bundesländer haben Polizeibeauftragte. Lange war unklar, ob die neue Bundesregierung Grötschs Amt abschafft.

Grötsch: Dobrindt in der Verantwortung

Die von Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) angeordneten Zurückweisungen von Asylsuchenden hat Grötsch in seinem Bericht nicht untersucht. Sie fallen als politische Entscheidung nicht in seinen Zuständigkeitsbereich. Gleichwohl wies Grötsch darauf hin, dass es den Polizeibeamten wichtig sei, klare politische Vorgaben zu haben.

In diesem Zusammenhang hatte Grötsch schon zuvor die Praxis der schwarz-roten Bundesregierung kritisiert. Er halte es für falsch, dass auch nach der Eilentscheidung des Verwaltungsgerichts Berlin Asylsuchende zurückgewiesen werden. „Das geht für mich nicht zusammen.“ Innenminister Dobrindt stehe in der Verantwortung, „eine europarechtlich einwandfreie Regelung“ zu finden, am besten in Absprache mit den Nachbarländern. Das Verwaltungsgericht Berlin hatte Anfang Juni in einer Eilentscheidung festgestellt, die Zurückweisung dreier Somalier bei einer Grenzkontrolle am Bahnhof Frankfurt (Oder) sei rechtswidrig gewesen. Dobrindt hatte nach der Entscheidung von einem „Einzelfallurteil“ gesprochen.

Grötschs Behörde leitete in den vergangenen zwölf Monaten 385 Untersuchungen ein. 279 davon gingen auf Eingaben von Bürgern zurück, in 19 Fällen ging es um Racial Profiling. In einigen Fällen lag der Konflikt aber wohl in mangelnder Kommunikation. Der Polizeibeauftragte warb deswegen dafür, dass Polizisten ihr Vorgehen besser erklärten. Noch immer genieße der Polizeiberuf eine sehr hohe Wertschätzung in Deutschland.

Allerdings bricht ein Drittel des Nachwuchses bei der Bundespolizei die Ausbildung ab. 78 Eingaben im vergangenen Jahr stammten aus der Polizei selbst. Es ging dabei um Streit bei Beförderungen, aber auch sexuelle Belästigung. Grötsch berichtet, dass sich nach einem Besuch von ihm in der Dienststelle einige Frauen danach noch einmal meldeten und um ein Beratungsgespräch bitten würden. Grötsch sagte am Mittwoch, dass seine Behörde für solche Fälle einen niedrigschwelligen Meldeweg außerhalb der behördlichen Strukturen bieten wolle.