Steigender Goldpreis: Australiens neuer Goldrausch

12

Mitte vergangener Woche meldete Australien eine Sensation. Wissenschaftler haben demnach einen „chemischen Fingerabdruck“ entschlüsselt, der anzeigt, wo im Gestein die Wahrscheinlichkeit am größten ist, Gold zu finden. Nun stehe die Welt vor einem neuen Goldrausch, heißt es.

Das Geologische Institut des Bundesstaats Western Australia hatte Tausende von geologischen Proben analysiert, um chemische Kennzeichen (Signaturen) zu identifizieren, die am engsten mit der Bildung von goldhaltigen Mineralsystemen verbunden sind – insbesondere von solchen sehr tief unter der Erde. Das sei ein „großer Schritt“, heißt es, um bereits bekannte Gebiete mit Goldvorkommen noch einmal völlig neu untersuchen zu können. Abbauunternehmen würden dabei bereits entnommene geologische Da­ten mit dem Fingerabdruck vergleichen.

Vom Weltraum aus zu sehen

Die Aktie des größten Goldschürfers des Landes, Northern Star, gewann daraufhin um zwei Prozent an Wert. Das Unternehmen, das im vergangenen Finanzjahr einen Umsatz von 3,3 Milliarden amerikanischen Dollar gemacht hat, betreibt im Bundesstaat Western Australia das „Super Pit“: eine 3500 Meter lange und 1500 Meter breite offene Riesenmine entlang der „Golden Mile“, einem der ertragreichsten Abbaugebiete in der Welt. Gold wurde hier im Jahr 1893 entdeckt. Heute ist das „Super Pit“, in dem mehrere alte Minen zusammengelegt wurden, so groß, dass es vom Weltraum zu sehen ist.

Bereits am Ende des 19. Jahrhunderts hatte der Fund in Western Australia, 600 Kilometer östlich der Stadt Perth ge­legen, einen großen Goldrausch ausgelöst. Dass die Begeisterung für das Metall nun wiederkommen könnte, damit hat die Regierung des Bundesstaats nicht übertrieben. Die Begeisterung ist längst da. Im gerade begonnenem Fiskaljahr wird Aus­tralien nach einer Regierungsschätzung Gold im Wert von 56 Milliarden austra­lischen Dollar exportieren (31 Milliarden Euro). Das ist ein Drittel mehr als im Vorjahr.

Australien war jahrzehntelang abhängig von der Kohle

Der Wert ist nicht mehr weit entfernt vom Export jenes Rohstoffs, der jahrzehntelang das Rückgrat der australischen Wirtschaft war: Kohle. Für sich genommen, sind schon heute die Ausfuhren von Hüttenkohle, die zur Stahlherstellung verwendet wird, und von Kohle für die Energiegewinnung kleiner als der Goldexport. Bereits in einem Jahr könnte der Export von Gold den der Kohle insgesamt übertreffen.

Für Australien ist das eine historische Zäsur. Jahrzehntelang war das Land von der Kohle abhängig. Der Abbau garantierte Zehntausende Arbeitsplätze und Milliarden Dollar an Steuereinnahmen. Die Abhängigkeit von Kohle war so groß, dass die Australier länger und heftiger als anderswo darüber stritten, wie stark der fossile Rohstoff das Klima schädigt.

Die Bergbauunternehmen wollten im Schulterschluss mit der konservativen Regierung eine Schließung der Kohleminen verhindern. Noch im Jahr 2017 brachte der damalige Ministerpräsident Scott Morrison einen Brocken Kohle mit ins Parlament und sagte den Abgeordneten: „Das ist Kohle. Habt keine Angst davor.“ Das „schwarze Gold“ hat seitdem stark an Bedeutung eingebüßt. Längst ist der Export von Eisenerz wichtiger.

Auch Donald Trumps Politik treibt den Goldpreis

Dass nun auch noch das echte Gold wichtiger als Kohle wird, ruft Rohstoffkönige wie Andrew Forrest auf den Plan. Der Milliardär gehört mit seinem Unternehmen Fortescue zu den größten Eisenerzförderern der Welt. Doch Ende Juni brachte er Greatland an die australische Börse, das zu den fünf größten Goldproduzenten des Landes gehört. Am ersten Handelstag stieg die Aktie im Wert zeitweise um 12 Prozent. Forrest hält an dem Unternehmen einen Anteil von acht Prozent.

Die Anleger witterten eine Gelegenheit, an der rasch steigenden Nachfrage nach Gold in aller Welt teilzuhaben. Zen­tralbanken und Privatanleger, die auf die vermeintliche Sicherheit des Metalls setzen, haben den Preis für eine Feinunze Gold auf 2833 Euro getrieben, ein Anstieg seit Jahresbeginn um 13 Prozent. Seit in den Vereinigten Staaten Donald Trump zum Präsidenten gewählt wurde, beträgt der Anstieg gar fast 30 Prozent.

Analysten gehen davon aus, dass Trumps Steuergesetz „Big Beautiful Bill“ den Goldpreis weiter kräftig treiben dürfte. Schließlich erhöht das Vorhaben die Staatsschulden in den USA laut Berechnung des Kongresses bis 2034 um 3,4 Billionen Dollar und belastet damit Anlagen in amerikanische Staatsanleihen.

Viel Gold dürfte in China landen

Australische Unternehmen produzieren Gold zu Kosten von weniger als 2800 aus­tralischen Dollar (1560 Euro). Das macht sie hochprofitabel. Beim Börsengang sagte Greatland-Vorstandschef Shaun Day, dass auch die Handelsstreitigkeiten der USA mit dem Rest der Welt und der Krieg im Nahen Osten den Goldpreis treibe. Unsicherheit in der Welt führt für gewöhnlich dazu, dass mehr Anleger Gold in ihrem Portfolio haben wollen. Greatland hatte im Dezember die Gold- und Kupfermine Telfer in Western Australia gekauft. Seitdem hat das Unternehmen mehr als 90.000 Unzen Gold abgebaut. Bald soll die Menge auf 300.000 Unzen im Jahr steigen.

Das meiste davon dürfte in China landen. Zwar ist die Volksrepublik selbst der größte Goldproduzent der Welt mit einem Marktanteil von 11 Prozent. Doch allein im Monat April dieses Jahres importierten die Chinesen über Hongkong rund 59 Tonnen australischen Golds. Das war fast dreimal so viel wie im Vormonat.

Die Nachfrage stammt zum einen von der Pekinger Zentralbank, die seit Jahresbeginn Monat für Monat ihre Goldkäufe aufgestockt hat, während der Wert ihrer amerikanischen Staatsanleihen immer stärker unter Druck gerät. Zudem müssen chinesische Versicherer seit diesem Jahr mindestens ein Prozent ihrer Anlagen in Gold investieren. Auch chinesische Privatanleger flüchten ins Gold.

Manche von ihnen fliegen gar selbst nach Western Australia, um nach Gold zu suchen. In der „Touristenmine“ Hannas North, ganz in der Nähe des „Super Pit“, darf jeder Gold waschen, der den Eintrittspreis von 16 australischen Dollar bezahlt (9 Euro) und im benachbarten Laden „Finders Keepers Gold“ Pfanne und Schaufel gekauft hat. Die Pfanne füllt man zur Hälfte mit Sand und Gestein aus dem Fluss und hält sie dann kreisend unter Wasser. Wem das zu anstrengend ist, kauft einen Metalldetektor – oder gleich einen Gold-ETF.