Ford einigt sich mit der Gewerkschaft

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Der angeschlagene Autohersteller Ford hat sich nach monatelangem Streit über den geplanten Stellenabbau mit der Gewerkschaft geeinigt. Zwar müssen die in der IG Metall organisierten Mitarbeiter den Plänen in einer Urabstimmung noch zustimmen – doch eine Ablehnung wäre eine Überraschung. „Mit dem erzielten Gesamtpaket haben wir ein sicheres Netz für alle geschaffen. Zudem haben wir es geschafft, die Berufsausbildung und Übernahme langfristig bis 2032 zu sichern“, sagte der Vorsitzende des Gesamtbetriebsrates, Benjamin Gruschka, in einer Mitteilung der IG Metall am Freitag.

Als „eine gute Nachricht für Ford und seine Mitarbeitenden“ bezeichnete die Vereinbarung auch der Geschäftsführer der Kölner Ford-Werke, Marcus Wassenberg. „Denn sie ist ein wichtiger Schritt zum Aufbau eines nachhaltig profitablen Geschäfts in Europa“, sagte Wassenberg. Der Autohersteller schreibt seit Jahren mit seinen Kölner Werken Verluste. Deshalb will Ford abermals rund 2900 Stellen am Standort abbauen, was ungefähr jedem vierten Arbeitsplatz entspricht. Vor einigen Jahren arbeiteten noch mehr als 20.000 Menschen für Ford in Köln, heute sind es noch rund 11.500.

Abfindungen “deutlich besser als üblich“

Verhindern kann auch die Gewerkschaft den Stellenabbau nicht. Allerdings hat Ford einem Schutzschirm für die Renten und Abfindungen für alle Mitarbeiter in Köln zugestimmt. „Der Stellenabbau setzt vor allem auf freiwilliges Ausscheiden“, sagte Gruschka. „Die Abfindungen sind großzügig und deutlich besser als üblich in der Automobilbranche.“

In Köln werden sowohl Elektroautos als auch Nutzfahrzeuge produziert, zudem gibt es ein Entwicklungszentrum. Ford hatte das Kölner Werk für zwei Milliarden Dollar umgebaut: Mit dem Ende der ohnehin wenig rentablen Kleinwagenproduktion des Modells Fiesta in Köln und der Umrüstung auf Elektromodelle wollte Ford der Marktentwicklung voraus sein. Die in Köln gebauten Elektromodelle, das SUV Explorer und der Crossover Capri, stehen auf der technischen Basis der Elektromodelle von Volkswagen. Doch vom erhofften Hochlauf der Elektromobilität ist derzeit in Deutschland und Europa wenig zu sehen. Im Gegenteil: Selbst bescheidene Absatzerwartungen haben sich bisher nicht erfüllt. Im Herbst 2024 war noch davon die Rede, dass die Fabrik für Elektroautos rund 250.000 Fahrzeuge im Jahr produzieren könne, mittlerweile spricht man von Zahlen unterhalb der Schwelle von 200.000. Diese Kapazität sollte im laufenden Jahr zumindest zur Hälfte ausgelastet werden.

Elektroautos verkaufen sich schlecht

Weil die Automodelle kaum Käufer finden, wurde in Köln in den vergangenen Monaten in Kurzarbeit produziert. Ford begründete den abermaligen Stellenabbau auch mit den zu hohen Kosten in Deutschland und dem schwachen Geschäft mit Elektroautos. Unternehmen und Betriebsrat fordern von der Politik unter anderem einen Umweltbonus in Europa und den Ausbau der Ladeinfrastruktur.

Die Verhandlungen wurden in den vergangenen Monaten mit harten Bandagen geführt. Im Mai hatte es sogar einen Streik gegeben, ein Novum am Standort. Einen Tag lang ruhten die Bänder. Die Beschäftigten fürchteten nämlich eine Insolvenz des Standorts. Zuvor hatte die Muttergesellschaft aus Detroit die sogenannte Patronatserklärung zurückgezogen. Die beinhaltete, dass Amerika für alle Verluste der deutschen Ford-Werke aufkommt. So hieß es bislang im Jahresabschluss der Ford-Werke GmbH stets wörtlich, dass sich die Muttergesellschaft mit der Patronatserklärung verpflichtet habe, „jederzeit benötigte liquide Mittel zur Verfügung zu stellen“.

Gewerkschaft befürchtete Insolvenz

Das bezieht sich vor allem auf Kreditlinien, die deutsche Tochtergesellschaft schreibt seit Jahren Verluste. 2023 gab es zum Beispiel einen Fehlbetrag von 126 Millionen Euro. „Wir sind seit zehn Jahren eigentlich defizitär, wir haben mit den Autos kein Geld verdient“, hatte Geschäftsführer Wassenberg zuletzt der F.A.Z. gesagt. Über die Jahre habe sich damit ein Schuldenberg in Höhe von 5,8 Milliarden Euro angehäuft.

Daher ist die Finanzierung des Standorts in Köln inzwischen auf neue Beine gestellt: Ford gewährt eine Kapitaleinlage von 4,4 Milliarden Euro. Zudem sei ein Businessplan für die nächsten vier Jahre mit „mehreren Hundert Millionen Euro“ finanziert. Durch das Ende der Patronatserklärung stehen die Kölner Ford-Werke aber jetzt genauso da wie alle anderen Werke des Konzerns auch – ohne Schulden-Schutzschirm.

In ganz Europa wird gekürzt

Die Kürzung in Köln ist nicht die einzige des Konzerns, insgesamt sollen in Europa 4000 von derzeit 28.000 Stellen gestrichen werden. Für die Beschäftigten in Köln gibt es eine Absicherung bis Ende 2032. Die neue Vereinbarung sieht nach Unternehmensangaben aber vor, dass betriebsbedingte Kündigungen möglich sind, sollten alle sozialverträglichen Maßnahmen ausgeschöpft sein. Wenn sich nicht genug Arbeitnehmer finden, die freiwillig gehen, könnte die Firma also doch noch auf betriebsbedingte Kündigungen setzen.

Im Falle einer Pleite der Kölner Ford-Werke fürchteten die Mitarbeiter allerdings, dass solche Vereinbarungen hinfällig wären – weshalb es auch zum Streik gekommen war. Nun dürften die Wogen erst mal geglättet sein. „Wir danken allen Kolleginnen und Kollegen für ihre Solidarität und ihr Vertrauen in diesen schweren Monaten“, sagte Dorthe Mika, die stellvertretende Vorsitzende des Gesamtbetriebsrats.