Die Ankündigung des amerikanischen Präsidenten Donald Trump, von August an einen generellen Einfuhrzoll von 30 Prozent auf Waren aus der Europäischen Union zu erheben, ist ein Schlag unter die Gürtellinie. Mitten in die offenbar noch andauernden Gespräche hinein erhöht Trump öffentlichkeitswirksam den Druck auf die Europäer, sich noch mehr zu bewegen. Man kann das wie Trump die Kunst des Verhandelns nennen, man kann es auch einfach als ungehörig empfinden. Aber Anstand zählt wenig in internationalen Handelsgesprächen, es geht um knallharte wirtschaftliche Interessen. Die Europäer müssen Trump eben ganz nüchtern so nehmen, wie er ist.
Mutmaßlich ist das letzte Wort über die von August an geltenden Zölle noch nicht gesprochen, auch nicht in Washington. Trump deutet wie in seinen Zollbriefen gegenüber anderen Ländern an, dass er vielleicht zu niedrigeren Zöllen bereit sei, falls die Europäer ihm hinreichend entgegenkämen. Sicher aber, dass sich der Amerikaner abermals bewegen wird, kann niemand mehr sein. Irgendwann wird Trump Nägel mit Köpfen machen müssen, will er den ihm schon anhängenden Ruf des Zauderers noch abschütteln.
In Europa wird nun die Diskussion wieder losbrechen, ob die Strategie der Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen im Umgang mit Trump erfolgreich war. Im Kern stellten die Europäer in den vergangenen Monaten ihre handelspolitischen Folterwerkzeuge gegen Amerika ins Schaufenster, behielten aber vor allem eine stete Verhandlungsbereitschaft aufrecht. Bislang haben die Europäer damit wenig erreicht: Es droht der generelle Einfuhrzoll von 30 Prozent, hinzu kommen Sonderzölle von 50 Prozent auf Stahl und Aluminium und von 25 Prozent auf Kraftfahrzeuge sowie die drohenden 50 Prozent auf Kupfer. Einfuhrhemmnisse auf pharmazeutische Produkte und auf Halbleiter sind in Washington in Vorbereitung.
Chinas Härte kein Vorbild
Der dritte große Wirtschaftsraum in der Triade, China, verfolgte gegen Trumps Zollattacken von Anfang an die Strategie der Härte. Eins zu eins und manchmal noch ein wenig mehr antwortete Peking auf die Zollankündigungen aus Washington. Die beiden Länder schaukelten sich auf prohibitiv wirkende Zölle von mehr als 100 Prozent hoch, bevor sie Luft abließen und zu sprechen begannen. Gebracht hat China die harte Reaktion wenig. Amerika erhebt im Durchschnitt immer noch Zölle von rund 50 Prozent auf die chinesische Einfuhr; Peking in Gegenrichtung nur rund 33 Prozent. Die Details über angebliche Zusagen Chinas, mehr seltene Erden zu liefern und über einen im Gegenzug leichteren Zugang zu amerikanischer Hightech, sind zu vage, als dass man von einem echten und für beide Seiten belastbaren Vertrag ausgehen kann.
Als erfolgreiches Gegenbeispiel zu von der Leyens Verhandlungstaktik taugt Chinas Härte so nicht, ebenso wenig wie das trotzige und hilflose Pochen Japans auf die besonderen bilateralen Beziehungen und Zollausnahmen. Trumps rudimentäre Handelsabsprachen mit dem Vereinigten Königreich oder Vietnam sind aus amerikanischer Sicht zu unwichtig, als dass die Europäer, die Chinesen oder die Japaner sich daran ein Beispiel nehmen könnten. Die traurige Wahrheit ist, dass Trump die wirtschaftlichen Schwergewichte in der Weltwirtschaft handelspolitisch vor sich her treibt, ohne dass einer von ihnen das Rezept gefunden hat, wie man auch nur ein wenig des bisherigen eher kooperativen Welthandels retten könnte.