In der Hitzewelle Anfang Juli haben viele Menschen in Deutschland geschwitzt und einige auch gelitten. Extremwetter werden aber oft schnell wieder vergessen. Forschende erklären, was das für den Klimaschutz bedeutet.
Menschen vergessen schnell. Auch, wenn die meisten vor eineinhalb Wochen noch bei Temperaturen von bis zu 39 Grad geschwitzt und Kleinkinder, Alte und Kranke teilweise besonders gelitten haben, ist die Hitzewelle bei einigen schon fast wieder vergessen.
“Wir haben eine begrenzte Kapazität, uns Sorgen zu machen”, erklärt Anika Heck. Die Psychotherapeutin aus Braunschweig engagiert sich bei den “Psychologists for Future”. “Wenn dann etwas Neues dazukommt, dann muss wieder etwas anderes in den Hintergrund treten, weil wir uns nicht mit allen Dingen gleichzeitig beschäftigen können.”
Zum Beispiel: Vergangene Woche, als es so heiß war, wollten einige vielleicht eine Klimaanlage einbauen lassen oder in den kühleren Norden ziehen. Heute haben sie schon wieder ganz andere Sorgen, weil das Auto kaputt ist oder das Kind krank. “Dann treten diese Sorgen von letzter Woche wieder in den Hintergrund, weil jetzt schon wieder etwas anderes wichtig ist”, erklärt Anika Heck.
Hitze kann töten
Psychotherapeutin Heck sagt, dass heiße Tage in Deutschland in den Köpfen vieler Menschen noch immer positiv besetzt seien. Das komme von früher. Man erinnere sich an Hitzefrei in der Schule, lange Tage im Freibad oder fröhliche Grillabende. Erst nach und nach ändere sich das und es werde verstanden: Hitze macht das Wohnen in unsanierten Plattenbausiedlungen unerträglich, Hitze hat Auswirkungen auf unsere Gesundheit, Hitze kann töten.
Dieses Jahr steht der Sommer erst am Anfang – die nächste Hitzewelle kommt bestimmt. Dann reden die Menschen beim Abendessen wieder über Klimaanlagen und wie sie sich am besten abkühlen können, sich also anpassen.
Anika Heck von den Psychologists for Future warnt, dass das nicht reicht. “Wir neigen dazu, auf unserer kleinen Ebene zu fragen: Brauche ich dann nächstes Jahr doch eine Klimaanlage? Anstatt zu überlegen: Sollte ich eine andere Partei wählen oder vor Ort mich in einer politischen, aktivistischen Gruppe engagieren?”
“Kognitive Dissonanz” als Problem für Klimaschutz
In solchen Momenten stellt die sogenannte “kognitive Dissonanz” den Menschen ein Bein: ein unangenehmer Gefühlszustand, der entsteht, wenn man weiß, dass die Erderwärmung die Lebensgrundlagen bedroht, man aber gleichzeitig auch mit dem eigenen Verhalten dazu beiträgt.
“Dann laufen bei uns ganz automatisch Prozesse ab, um diese Spannung aufzulösen”, erklärt Klimapsychologin Clara Kühner von der Universität Leipzig. Entweder verändere man sein Verhalten, sagt Kühner. Oder man verändert, was man denkt – verdrängt also das Thema.
Klimaangst durch Handeln verringern
Ganz anders bei Klimaangst: Hier können Sorgen um das Klima, die Natur oder zukünftige Generationen lähmen. Vor allem jüngere Menschen und Frauen berichten von Klimaangst. Das hat Wissenschaftlerin Kühner mit einem Forschungsteam in einer Übersichtsstudie festgestellt.
Gegen Klimaangst helfe es, ins Handeln zu kommen. Psychologin Clara Kühner schlägt vor, sich im Privaten oder in Gruppen zu engagieren, sich also Verbündete zu suchen, mit denen man regelmäßig schauen kann: Was wurde schon geschafft? Was gibt Hoffnung?
Denn sich anpassen an Hitzewellen ist das eine. Klimaschutz aber führt dazu, dass die Erderwärmung abgeschwächt wird. Das sollte trotz aller anderen Sorgen nicht vergessen oder verdrängt werden.