Die Bundesrepublik Deutschland verletzt nicht das Völkerrecht, wenn sie Drohneneinsätze der USA, die über den rheinland-pfälzischen Stützpunkt Ramstein mit gesteuert werden, nicht schärfer kontrolliert oder unterbindet, entschied das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe. Mit dem am Dienstag verkündeten Urteil wies der Zweite Senat die Verfassungsbeschwerde von zwei im Jemen lebenden Staatsbürgern ab.
Das Bundesverfassungsgericht stellte allerdings fest, dass Deutschland einen Schutzauftrag habe, nämlich die grundlegenden Menschenrechte und den Kern des humanitären Völkerrechts auch gegenüber Ausländern im Ausland zu wahren. Es müsse unter anderem einen hinreichenden Bezug zur Staatsgewalt der Bundesrepublik geben, entschied das höchste deutsche Gericht. Zweitens müsse eine ernsthafte Gefahr der systematischen Verletzung des anwendbaren Völkerrechts vorliegen. Im konkreten Fall seien die Voraussetzungen für den konkreten Schutzauftrag allerdings nicht erfüllt, hieß es in der Begründung des Gerichts.
Die amerikanischen Streitkräfte hatten das Bundesverteidigungsministerium 2010 informiert, dass auf dem Gelände in Ramstein eine Satelliten-Relais-Station zur Steuerung auch waffenfähiger Drohnen im Ausland gebaut werde. Das Ministerium sah nach Gerichtsangaben keine Bedenken.
Im August 2012 kamen zwei Männer im Jemen durch einen amerikanischen Drohnenangriff ums Leben. Sie wurden bei einem Treffen mit drei mutmaßlichen Mitgliedern der Terrororganisation Al-Qaida getötet.
Verteidigungsministerium verweist auf die Bedeutung der Verbündeten
Nach Karlsruhe sind die Neffen eines Geistlichen gezogen, der 2012 unter den Opfern des Angriffs war. Die beiden Angehörigen verlangen, dass Deutschland die Angriffe im Jemen unterbindet. Soweit die Bundesregierung darauf Einfluss habe, sei sie verpflichtet, das Leben zu schützen – auch das von Ausländern im Ausland.
Die Jemeniten zogen mit Unterstützung der Berliner Menschenrechtsorganisation „European Center for Constitutional and Human Rights“ zunächst vor das Verwaltungsgericht Köln, das die Klage verwarf. In außenpolitische Belange könne sich die Judikative nicht einmischen, so die Richter. Das Oberverwaltungsgericht Münster sah es überraschend anders und verpflichtete die Bundesregierung im März 2019, auf eine völkerrechtskonforme Steuerung der Angriffe „hinzuwirken“. Die Richter verwiesen auf „gewichtige“ Anhaltspunkte, die es in der Vergangenheit für Rechtsverstöße gegeben habe.
Ein Jahr später verwarfen die Richter des Bundesverwaltungsgerichts diese Argumentation wiederum. Sie betonten den großen „Einschätzungsspielraum“ der Bundesregierung. In Fällen mit Auslandsbezug würden Schutzpflichten nur dort verletzt, wo sie „gänzlich untätig geblieben ist oder die getroffenen Maßnahmen offensichtlich völlig ungeeignet oder unzulänglich sind“. Das jedenfalls sei nicht der Fall.
Das Bundesverfassungsgericht verhandelte den Fall im vergangenen Dezember. Als es in Karlsruhe um Deutschlands Pflichten ging, argumentierten beide Parteien vor allem politisch. Die Beschwerdeführer hoben hervor: In Zeiten, in denen das Völkerrecht zunehmend unter Druck gerate, müsse die Bundesregierung deutlicher als bisher Position beziehen. Auch gegenüber Bündnispartnern müsse sie auf die Einhaltung des humanitären Völkerrechts hinwirken. Das Verteidigungsministerium hob seinerseits die Bedeutung dieser Bündnisse hervor. Deutschlands Sicherheit hänge maßgeblich davon ab.