Neuer Termin im Musterprozess der Wirecard-Anleger

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Das Musterverfahren der Wirecard-Anleger soll wohl im Spätherbst in München fortgesetzt werden. Wie ein Sprecher des Bayerischen Obersten Landesgerichts auf Anfrage der F.A.Z. bestätigte, habe der zuständige 1. Zivilsenat den Prozessbeteiligten in einer Verfügung vom 14. Juli die Erwägung mitgeteilt, zur Fortsetzung des Musterverfahrens im November 2025 mündlich zu verhandeln. Die Prozessbevollmächtigten seien gebeten worden, sich den 14. November und vorsorglich den 17. November als in Aussicht genommene Termine freizuhalten.

Elmar Vitt, Rechtsanwalt des Wirecard-Musterklägers Kurt Ebert, begrüßt die Terminierung für die Fortsetzung des Kapitalanleger-Musterverfahrens in München. „Das Bayerische Oberste Landesgericht bringt weiter Bewegung in die Sache“, sagte Vitt der F.A.Z. Dadurch öffne sich endlich eine Tür für die zivilrechtliche Aufarbeitung des Wirecard-Skandals.

Vitt hofft, im weiteren Verlauf des Verfahrens Vergleichsverhandlungen mit der Wirtschaftsprüfung EY aufnehmen zu können. Der Jurist und Naturwissenschaftler Vitt ist im Auftrag des Wirecard-Musterklägers verantwortlich für die Prozessstrategie. Vitt ist auch Geschäftsführer der Prozessfinanzierung Jurfin, aus deren Mitteln unter anderem die Anwälte des Musterklägers und die Gerichtskosten finanziert werden.

Die Liste der Beklagten im Wirecard-Musterprozess ist lang

Zu den Beklagten im Münchner Musterverfahren zählen neben Wirecard-Verantwortlichen wie dem ehemaligen Wirecard-Chef Markus Braun oder dem verschwundenen Wirecard-Manager Jan Marsalek auch die Wirtschaftsprüfung EY und einzelne ehemalige EY-Wirtschaftsprüfer. Aus formellen Gründen steht der nach der Wirecard-Pleite im Sommer 2020 zum Insolvenzverwalter bestellte Michael Jaffé ebenfalls mit auf der Beklagtenliste. Von der Prüfgesellschaft EY versprechen sich die Wirecard-Geschädigten noch am ehesten, für mögliche Schadenersatzforderungen geradestehen zu können.

Jedoch hatte das Bayerische Oberste Landesgericht am 28. Februar entschieden, dass die Voraussetzungen für Schadenersatzansprüche gegen die Wirtschaftsprüfung EY nicht im Musterverfahren zu klären seien. Dagegen wurde laut Gericht von einigen Beigeladenen Rechtsbeschwerde eingelegt, über die der Bundesgerichtshof (BGH) noch entscheiden werde. Wann diese BGH-Entscheidung falle, ist beim Bayerischen Obersten Landesgericht nicht bekannt, wie dessen Sprecher der F.A.Z. mitteilte.

Die zivilrechtliche Aufarbeitung des Wirecard-Verfahrens verläuft in unterschiedlichen Strängen, was den Überblick erschwert. Im Falle einer Abkopplung der Wirtschaftsprüfung EY vom Musterverfahren wollen die Vertreter des Musterklägers die Schadenersatzansprüche auf dem Weg der Einzelklagen weiter verfolgen, sodass EY nicht so schnell aus dem Scheider wäre. Den Weg der Einzelklagen hatten viele Wirecard-Geschädigte ohnehin als ersten eingeschlagen, doch wurden ihre Einzelklagen ausgesetzt, als im Jahr 2022 das Musterverfahren auf die Beine gestellt wurde.

Der damalige Vorlagebeschluss des Landgerichts München I hatte für das Musterverfahren eine Reihe von Feststellungszielen formuliert, die vom Bayerischen Obersten Landesgericht mit einem Teil-Musterentscheid im Februar 2025 als unzulässig zurückgewiesen wurden.

Darüber hinaus haben der Musterkläger und weitere Beigeladene zwischenzeitlich aber über 2500 weitere Feststellungsziele eingereicht, die der Senat laut dem Gerichtssprecher unabhängig von dem beim BGH anhängigen Rechtsbeschwerdeverfahren intensiv prüfe. Geprüft würden ebenfalls die inzwischen von den Beteiligten eingegangenen Stellungnahmen dazu.