Dreitausend Meter über den Berliner Niederungen

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Es ist ein wahres Glück, dass im Netz genug Platz ist, um in aller Breite abzubilden, was es beim Treffen des bayerischen Ministerrats mit Friedrich Merz an und auf der Zugspitze alles zu sehen gab: im Tal eine Ehrenformation der Garmischer Gebirgsschützen sowie Abordnungen aller Gebirgsschützenkompanien, auf dem Gipfel den Auftritt einer Gruppe bayerischer Schuhplattler – und hier wie da den bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder.

Wo die Bildsprache nicht zum Zug kommt, bleiben immer noch Sprachbilder. Zum ersten Mal, sagt Söder, sei ein Bundeskanzler von Amts wegen auf der Zugspitze, „auf dem höchsten Punkt Deutschlands, also auf dem Höhepunkt Deutschlands“. Unter dem Motto „Wir Bayern sind treu, aber teuer“ adressiert er bei der Pressekonferenz allerlei Erwartungen an Merz, die von Fluthilfe über Zollpolitik und Gaskraftwerke bis hin zu Raumfahrt und terrestrischen Infrastrukturprojekten (Zugverbindung München-Prag) reichen. Merz zeigt sich durchaus kooperativ, wobei er schon auch darauf hinweist, dass es noch weitere 15 Bundesländer gibt, denen er alsbald auch die Aufwartung machen wolle.

Auf der Zugspitze schauen Söder und Merz dem Tanz des Volkstrachtenvereins "D'Höllentaler Grainau" zu
Merz auf der ZugspitzeOben angekommen

Die Zugspitze ist fast 3000 Meter hoch. Aber selbst in so hoher Luft lauern die Gefahren der Ebene, Stichwort Verfassungsrichterwahl. Söder und Merz werden gefragt, ob die Erklärung der SPD-Kandidatin Frauke Brosius-Gersdorf, in der sie sich unter anderem gegen mediale Einstufungen wie „ultralinks“ oder „linksradikal“ wehrt, an der bisherigen Haltung der Unionsspitzen etwas ändere. Söder hat tags zuvor der SPD empfohlen, nach einer neuen Kandidatin zu suchen. Merz hat am Sonntag gesagt, dass man mit der SPD nun in Ruhe darüber sprechen werde, ohne freilich auf deren Angebot einzugehen, dass die beanstandete Richterin doch mal bei der CDU/CSU-Fraktion vorstellig werden könnte.

Richterwahl? Alles Notwendige ist gesagt, meint Merz

Auf der Zugspitze antwortet Merz, er habe zum Thema Richterwahl „alles Notwendige gesagt“. Auch nach der Erklärung von Brosius-Gersdorf sei da „keine Ergänzung notwendig“. „Wir reden darüber in Ruhe in den nächsten Wochen in der Koalition.“ Söder fügt an: „Unsere Einschätzung ist die gleiche.“ Auf Nachfrage, wann man damit rechnen könne, dass die Kuh vom Eis sei, sagt der Kanzler: „Da ist keine Kuh auf dem Eis. Wir haben eine einzige Nachwahl, die überfällig ist, die hätten wir letztes Jahr schon machen können. Das ist an den Grünen gescheitert.“ Daran sehe man, dass Richterwahlen „öfter mal im Bundestag auch nicht im ersten Anlauf sofort gelingen“. Er äußert allerdings den Wunsch, „dass wir im Deutschen Bundestag zu Lösungen kommen und dass wir nicht den Ersatzwahlmechanismus auslösen müssen, dass der Bundesrat die Wahl vornimmt, die eigentlich der Bundestag vornehmen müsste.“

DSGVO Platzhalter

Auch das Thema Migration spielt auf der Zugspitze eine Rolle, drei Tage, bevor sich Innenminister Alexander Dobrindt dort oben zum Migrationsgipfel mit seinen Amtskollegen aus Frankreich, Polen, Österreich, Dänemark und Tschechien trifft. Merz hebt wie zuletzt schon hervor: „Diese Grenzkontrollen sind ein zeitlich begrenzter Einsatz zur Lösung eines Problems. Wir sehen aber, dass das Problem sukzessive kleiner wird.“ Es gebe fast 50 Prozent weniger Asylanträge an den Grenzen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum Mai und Juni. Dieser Trend werde sich fortsetzen. Und dann? Der Kanzler beteuert: „Wir wollen eine europäische Lösung.“ Bis es soweit sei, „bleiben Grenzkontrollen leider notwendig, aber nur in dem Umfang, wie sie wirklich notwendig sind. Wir wollen Schengen nicht in Frage stellen, wir wollen den freien Warenverkehr, die Personenfreizügigkeit in Europa bewahren.“ Das seien „hohe Werte, die wir nicht gefährden wollen“. Dobrindt sei „mit allen Innenministern“ der Nachbarländer „im engsten Austausch“. Es gebe hier „keine Konflikte, und es gibt vor allem keine Konflikte, die wir nicht gemeinsam lösen könnten“.

Auch Söder vermittelt Merz, dass dieser positiv gestimmt in die Berliner Niederungen zurückkehren könne. „Das ist natürlich jetzt eine andere Welt als sie vorher war“, sagt der CSU-Chef, noch immer sichtlich erfreut über das Ende der Ampel. „Wir sind kooperativ, wir sind konstruktiv.“ Auf die Frage nach der bisherigen Performance der Bundesregierung zeigt sich Söder in absoluter Geberlaune: „eine gute Zwei!“ Und wenn da nicht die Sache mit der Richterin gewesen wäre, hätte er nach seinen eigenen Worten womöglich sogar die Eins Minus gezückt.