Der Deutsche Richterbund hat sich aus Anlass der Causa Brosius-Gersdorf mit der Mahnung zu Wort gemeldet, tagespolitische Interessen und Positionierungen in gesellschaftlichen Einzelfragen sollten bei der Nominierung von Bundesverfassungsrichtern „nie in den Vordergrund“ geraten. Doch was, wenn es doch passiert? Und das womöglich aus guten Gründen?
Dass es in der Öffentlichkeit nicht immer sachlich zugeht (und niemals zugegangen ist), ist kein Argument gegen eine inhaltliche Befassung mit Positionen, die eine für höchste Aufgaben ausersehene Person auf gesellschaftlich umkämpften Politikfeldern eingenommen hat.
Personen als Zumutung
Andernfalls bliebe es das Privileg von Parteipolitikern, sich gegen Personen zu verwahren, die sie als Zumutung empfinden – so geschehen zuletzt seitens der Grünen gegenüber einem Juristen, den die Union gerne in Karlsruhe gesehen hätte.
Im Fall Brosius-Gersdorf aber stehen mit der Menschenwürde und deren Reichweite, dem Selbstimmungsrecht von Frauen sowie der Schutzpflicht des Staates für das Grundrecht auf Leben Rechtsgüter von Verfassungsrang in Rede, die im Konfliktfall gegeneinander abgewogen werden müssen.
Die Lösungsvorschläge der Staatsrechtlerin sind seit Monaten für jedermann nachzulesen. Da sollte es das gute Recht sein, diese öffentlich mit guten Gründen zu missbilligen. Manche Politiker empfinden das auch als ihre Pflicht. Gut so.