Brosius-Gersdorf hält sich Verzicht auf Kandidatur offen

10

Die Juristin Frauke Brosius-Gersdorf würde ihre Kandidatur für das Bundesverfassungsgericht zurückziehen, wenn Schaden für das Gericht drohe. „Das ist ein Schaden, den kann ich gar nicht verantworten“, sagte die Potsdamer Rechtswissenschaftlerin am Dienstagabend im ZDF bei Markus Lanz.

Die Politisierung der Verfassungsrichterwahl bezeichnete sie als „brandgefährlich“, weil damit nicht nur das Verfahren, sondern auch die Debattenkultur als „Grundfeste unserer Demokratie“ gefährdet werde. Zurückziehen würde sie auch, wenn ihre aufrechterhaltene Kandidatur eine Regierungskrise in Berlin auslöse, ergänzte sie und nahm damit die Unionsfraktion in Schutz, an deren Widerstand die Wahl am vergangenen Freitag gescheitert war.

Brosius-Gersdorf hatte im ZDF im Dialog mit dem Moderator eine Dreiviertelstunde lang die Gelegenheit, einige ihrer Positionen noch einmal differenziert darzulegen. Sie sitze nicht als Privatperson hier, sagte sie, „sondern als Wissenschaftlerin“. Ihre Aufgabe sieht sie darin, einen Debattenbeitrag zu leisten. „Ich will mein juristisches Handwerkszeug sauber anwenden. Und ich glaube, das habe ich bei den Themen getan.“ Sie machte am Dienstagabend auch deutlich, wie wichtig ihr Rollenklarheit ist. Über all die strittigen Fragen wie den Schwangerschaftsabbruch würde sie beim Verfassungsgericht schließlich nicht allein entscheiden, sondern in einem achtköpfigen Senat. „Mir ist dieser Berufs- und Rollenwechsel komplett bewusst. Den würde ich sehr ernst nehmen“, sagte sie.

„Ich finde das infam“

Nach der Erklärung ihres Anwalts vom Dienstagmorgen war dieser Auftritt ein weiterer Versuch, die Diskussion zu versachlichen. Meinungs- und Pressefreiheit seien ein hohes Gut, bekräftigte sie, es müsse auch niemand ihren Positionen folgen, es sei aber eine Grenze erreicht, wenn Meinungen diffamiert und geschmäht würden. In einer Kampagne war versucht worden, sie als hemmungslose Befürworterin von Abtreibung darzustellen, die den Lebensschutz mit Füßen tritt. „Ich muss sagen: Das kann ich mir nicht länger gefallen lassen. Ich finde das infam. Ich möchte daran erinnern, dass auch Vertreter der katholischen Kirche an die Verfassungswerte unseres Grundgesetzes gebunden sind und damit auch an meine Menschenwürde und mein Persönlichkeitsrecht“, sagte sie zu der Kritik an ihrer Position zum Schwangerschaftsabbruch.

DSGVO Platzhalter

Sie berichtete nicht nur von üblen Verleumdungen und Morddrohungen, sondern auch von verdächtigen Postsendungen an ihren Lehrstuhl in Potsdam. Emotionalität versuchte sie zu vermeiden, machte aber dann doch eine persönliche Bemerkung zu dem Ausnahmezustand, in dem sie sich in der aufgeheizten Debatte befindet: „Es ist für mich nicht einfach, alleine hätte ich das nicht geschafft“, sagte sie und verwies auf ihre Familie, auf ihren Ehemann und Tausende von Zuschriften.

„Ich habe die Schwäche, dass ich mich relativ klar ausdrücke“, sagte sie und äußerte sich dann auch selbstkritisch zu einem früheren Auftritt in einer ZDF-Diskussionsrunde, als es um das AfD-Verbot ging. Sie nannte ihre eigene Formulierung von damals „nicht glücklich“. Sie hatte im vergangenen Jahr gesagt, dass ein Parteiverbot nicht das Problem der Anhängerschaft beseitigen würde. Das sei unglücklich gewesen, denn gemeint sei gewesen, dass durch ein Verbot „nicht die Probleme beseitigt werden, die Menschen dazu veranlassen, sich von der demokratischen Mitte abzuwenden“. Auf die Frage nach Textübereinstimmungen zwischen ihrer Dissertation und der Habilitation ihres Mannes antwortete sie kurzangebunden. Es werde auch dazu eine Stellungnahme einer Anwaltskanzlei geben.