Dürre in Deutschland
Ein Land im Trockenstress
Zuletzt aktualisiert: 29.10.2024, 13:01 Uhr
16. Juli 2025 · Das erste Halbjahr des Jahres 2025 war in Deutschland außergewöhnlich trocken. Gab es im Januar noch genug Niederschlag, fiel ab März in vielen Regionen kaum noch Regen. Die Folge: Dürre. Aber was heißt das in einem Land, das eigentlich als wasserreich gilt?
Die Messstation auf dem Telegrafenberg bei Potsdam registrierte von Januar bis Juni dieses Jahres die geringste Niederschlagsmenge seit Beginn der Messungen. Ab dem Jahr 1893 hat die Station lückenlos Temperaturen, Sonnenscheindauer sowie Regen, Schnee und Hagel dokumentiert, inzwischen passiert das automatisiert. Von Anfang Januar bis Ende Juni waren es hier nur knapp 149 Millimeter, normal wäre das Doppelte. Das bis dahin trockenste Frühjahr war im Jahr 1942, damals kamen 158 Millimeter Niederschlag an der Potsdamer Station an.
Dass es auch in anderen Gegenden Deutschlands nicht besonders viel geregnet hat, zeigt der Dürremonitor des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung, UFZ, in Leipzig. Aus den Niederschlagsdaten der Wetterstationen berechnen die Wissenschaftler dort, wie feucht die Böden sind. Die Karten und Grafiken zeigen hier, wo die Böden besonders trocken sind und wo es besonders viel oder besonders wenig regnet. Zudem zeichnen die Grafiken die langjährigen Entwicklungen nach, sie werden ebenfalls täglich aktualisiert.
Wie viel Regen oder Schnee fällt, beeinflusst mehrere Bodenschichten. Ist in den oberen Bodenschichten bis 25 Zentimeter wenig Wasser, beeinträchtigt das die Gras- und Strauchvegetation: Im Frühjahr keimt die Saat schlecht auf den Äckern, und kleine Pflanzen stellen das Wachstum ein. Ob das Wasser im Boden für die Pflanzen verfügbar ist, hängt allerdings noch von dessen Struktur ab: Sind die Poren im Boden klein, steht das Wasser den Pflanzen lange zur Verfügung. Große Poren können das Wasser nicht so gut halten, es läuft schneller ab und landet auch schneller im Grundwasser. Ob und wie gut Grundwasser gebildet wird, hängt von der Gesamtfeuchte bis etwa 1,80 Meter Tiefe ab.
Wenn Dürre herrscht, heißt das nicht unbedingt, dass der Boden knochentrocken und rissig ist. Denn Dürre ist ein relativer Begriff. Wissenschaftler sprechen dann von Dürre, wenn der Boden trockener ist als in 80 Prozent der Jahre. „Das hat seinen Sinn“, sagt Andras Marx, Leiter des Mitteldeutschen Klimabüros am UFZ. Denn Pflanzen sind in der Regel an ihren eher trockenen oder eher feuchten Standort angepasst. Das heißt: In Gegenden, in denen es normalerweise viel regnet, braucht die Vegetation generell mehr Wasser. „Beispielsweise im Bayerischen Wald und im Schwarzwald gab es Schäden, obwohl es nicht nach Wasserstresssituationen für Wälder ausgesehen hat,“ berichtet Marx.
Dürre im Winter kann sich in solchen regenreichen Gebieten also durchaus feucht anfühlen. Denn im Winter erholen sich die Grundwasserstände, und die steigen weniger stark an, wenn der Boden nur leicht feucht ist. Das ist für die Wasserwirtschaft bei aufeinanderfolgenden Dürrewintern ein Grund, sich Sorgen zu machen.
Der Klimawandel begünstigt Dürren in Deutschland. „Hier ist es im Durchschnitt mittlerweile etwa zwei Grad wärmer als noch vor 100 Jahren,“ berichtet Peter Hoffmann, Meteorologe am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung. Aber nicht nur die höheren Temperaturen führen dazu, dass mehr Wasser verdunstet, „sondern auch die zu sonnigen und zu windigen Witterungsbedingungen der letzten Wochen tragen dazu bei,“ sagt Hoffmann. Diese Kombination aus Trockenheit, sonnigem Wetter und starkem Wind, beschleunigt das Austrocknen von Böden. Wenn es dann doch mal regnet, gelangt nur wenig in tiefere Bodenschichten. In der Region Berlin-Brandenburg beispielsweise verdunstet im Sommer etwa 90 Prozent des Niederschlags.
Dazu kommt, dass sich die Wetterlagen verändert haben: Jahrhundertelang hat der Atlantik das Wetter bestimmt. „Aber die gewohnten Regengebiete bleiben öfter stecken“, sagt Hoffmann, stabile Hochdruckgebiete, beispielsweise über den britischen Inseln, blockieren sie, stattdessen ziehen sie über das Mittelmeer. In der Folge bleibt es über Nord- und Ostdeutschland sehr trocken. In Westen Deutschlands landet jährlich generell 200 bis 300 Millimeter mehr Niederschlag als im Windschatten des Harzes in Sachsen-Anhalt oder in Brandenburg.
Trotzdem war es auch in den westlichen Bundesländern trockener als sonst, wie beispielsweise das hessische Landwirtschaftsministerium meldete. Das Voralpenland gehört zu den wenigen Regionen in Deutschland, in denen es mehr regnete. Diese Gegend ist nicht nur stärker vom Mittelmeer beeinflusst, sondern auch durch das Hochgebirge, wo häufiger lokale Gewitter niedergehen oder wo durch die Stauwirkung der Berge der Regen intensiver sein kann.
Die Jahre 2023 und 2024 waren auch in anderen Gegenden Deutschland teilweise ziemlich verregnet. Aber östlich der Elbe haben die Niederschlagsmengen in den feuchten Jahren nicht dazu gereicht, die Grundwasserspeicher wieder auf das langjährige mittlere Niveau aufzufüllen.
Generell haben sich die Extreme verstärkt. „Wir haben sehr feuchte Jahre und dann wiederum sehr sehr trockene Jahre.“, sagt Hoffmann, „Es fehlen die Jahre ohne extreme Ausschläge.“
Text: Frauke Zibrowski
Datenanalyse, Grafiken: Claudia Bothe, Jens Giesel, Sandra Liermann
Projektkoordination: Julia Bellan
Gestaltung: Katharina Hofbauer
Programmierung: Rainer Stierli, Jens Giesel, Katharina Hofbauer, Corinna Zander
Datenanalyse: Oliver Schlömer