Nach einer Eskalation der Kämpfe zwischen Regierungskräften und drusischen Milizionären hat die syrische Armee nach Angaben der Regierung mit ihrem Abzug aus der südsyrischen Stadt Sweida begonnen. Dies sei Teil einer Waffenruhe-Vereinbarung „nach dem Wegfegen gesetzloser Gruppen aus der Stadt“, erklärte das Verteidigungsministerium in Damaskus am Mittwochabend. Medienberichten zufolge versicherte die Regierung, alle militärischen Einsätze sofort einzustellen. Die Umsetzung der Waffenruhe soll den Berichten zufolge von einem Ausschuss aus Regierungsvertretern und drusischen Geistlichen überwacht werden.
Ahmed al-Scharaa, der neue syrische Machthaber, erklärte am Donnerstag in einer Fernsehansprache, dass die für die Gewalt gegen die Drusen verantwortlichen Akteure zur Rechenschaft gezogen würden. „Wir sind entschlossen, diejenigen zur Rechenschaft zu ziehen, die das Volk der Drusen misshandelt haben, das unter dem Schutz (…) des Staates steht“, sagte Scharaa. Die Verantwortung für die Sicherheit in Sweida sei an örtliche Vertreter übergeben worden.
„Keine Einigung mit bewaffneten Gangs“
Ob die Vereinbarung tatsächlich zu einem Ende der Gewalt führen könnte, schien am Donnerstag aber noch unklar. Hikmat al-Hidschri, ein wichtiger spiritueller Führer der Drusen, beharrte Berichten zufolge darauf, es gebe keine Verhandlungen und auch keine Einigung mit „bewaffneten Gangs, die sich selbst als Regierung bezeichnen“. Stattdessen rief er seine Kämpfer dazu auf, weiterhin Widerstand gegen „kriminelle Gangs“ zu leisten, die in Sweida Tod und Zerstörung anrichteten. Sweida müsse „bedingungslos“ von diesen Kräften befreit werden. Bereits am Mittwochmorgen war eine von der Regierung verkündete Waffenruhe in Syrien zusammengebrochen. Das Verteidigungsministerium machte die Drusen dafür verantwortlich.

Die tagelangen Kämpfe in Sweida hatten am Wochenende mit blutigen Auseinandersetzungen zwischen Angehörigen der drusischen Minderheit und Beduinen begonnen, infolge derer die syrische Führung am Montag Soldaten nach Sweida geschickt hatte. Die Regierung unter Ahmed al-Scharaa hatte erklärt, die Truppen sollten für Stabilität sorgen und Zivilisten schützen.
Unter den Drusen stieß das Eingreifen der Führung in Damaskus jedoch auf heftigen Widerstand. Nach Angaben der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte töteten die Regierungskräfte nicht nur drusische Kämpfer, sondern auch zu der Minderheit gehörende Zivilisten. Angaben der Beobachtungsstelle zufolge wurden bis zum Donnerstag mehr als 350 Menschen bei den Auseinandersetzungen getötet.
Die israelische Armee hatte eingegriffen
Auch das Nachbarland Israel, das sich zur Schutzmacht der Drusen erklärt, hatte am Mittwoch verstärkt in den Konflikt eingegriffen. Die israelische Armee bombardierte nicht nur den Süden des Landes, sondern auch Ziele in der Nähe des Präsidentenpalastes in Damaskus sowie das Verteidigungsministerium und das Militärhauptquartier. Scharaa kritisierte die Angriffe „auf zivile und staatliche Einrichtungen“ in seiner Fernsehansprache deutlich. Diese hätten zu einer „erheblichen Komplikation“ geführt und die Dinge in Richtung einer „massiven Eskalation“ getrieben.
Gleichzeitig lobte der syrische Machthaber die Vermittlung der USA, der arabischen Staaten und der Türkei. Zuvor hatte US-Außenminister Marco Rubio mitgeteilt, die USA hätten mit allen Beteiligten des Konflikts gesprochen. Man habe sich auf „konkrete Schritte geeinigt, die dieser beunruhigenden und entsetzlichen Situation“ ein Ende setzen sollten.