Worum geht es im Sommerferienstreit?
Nordrhein-Westfalens Schulministerin Dorothee Feller (FDP) hat in der „Westdeutschen Allgemeinen Zeitung“ erklärt, dass ihr Bundesland gern auch mal spätere Ferien hätte, wie es in Bayern und Baden-Württemberg üblich ist. Denn Sommerferien beginnen nach Bundesländern gestaffelt, damit nicht ganz Deutschland gleichzeitig verreist.
An einer Rotation der Ferientermine beteiligen sich aber nur 14 Länder, Bayern und Baden-Württemberg entlassen Kinder stets als letzte in die Ferien, die dann bis in den September dauern. Diesen Sonderweg hält Feller für nicht mehr zeitgemäß. Dabei dürfte auch die Annahme eine Rolle spielen, dass Anfang September Reisen günstiger sein können. Andere Länder haben sich der Kritik aus NRW angeschlossen, Bayern lehnt Änderungen ab.
Wie werden Ferienzeiten festgelegt?
Über die Sommerferien verständigen sich die zuständigen Länderminister in der Kultusministerkonferenz (KMK). Als Richtschnur schreibt die „Ländervereinbarung über die gemeinsame Grundstruktur des Schulwesens“ vor, Ferien seien „regional gestaffelt und unter Berücksichtigung der jeweiligen landesspezifischen Gegebenheiten“ festzulegen, grundsätzlich in einer Spanne vom 20. Juni bis zum 15. September, also von 88 Tagen.
Bislang sind Ferientermine bis 2030 verteilt. Auffällig dabei: Die mögliche Spanne wird meist nicht voll ausgenutzt, insbesondere der Beginn scheint unbeliebt. In diesem Jahr eröffneten Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt die Ferienzeit am 28. Juni, im kommenden Jahr beginnt der Sommerferienkorridor gar erst am 29. Juni mit Hessen, dem Saarland und Rheinland-Pfalz.
Lehrervertreter wiesen zuletzt schon darauf hin, dass frühere Ferien 2025 bedeutet hätten, dass Kinder nicht an den bislang heißesten Tagen im Klassenzimmer hätten sitzen müssen. Die Gespräche über Ferientermine von 2031 an laufen indes erst an.
Warum haben Bayern und Baden-Württemberg stets zuletzt Ferien?

Aktuell werden die späten Sommerferien allerdings vor allem damit begründet, dass Bayern und Baden-Württemberg die einzigen Länder mit längeren Pfingstferien sind. Würden frühe Sommerferien folgen, bliebe dazwischen kaum Zeit für Lehrstoff und Prüfungen.
Was sagt die Reisebranche zur aktuellen Ferienregelung?
Auch aus dem Tourismus kommt viel Kritik. Dabei steht aber ein anderer Punkt im Vordergrund. Ob Schüler aus Schleswig-Holstein oder Bayern zuerst verreisen, ist für Unternehmen und Tourismuszentralen weniger relevant. Die Branche stößt sich daran, dass sich die Ferien aller Länder in einem aus ihrer Sicht zu engen Korridor ballen – obwohl eine längere Spanne möglich sei.
„Leider haben sich die Bundesländer bis 2030 auf einen historisch kurzen Ferienkorridor von 80 Tagen geeinigt“, sagt Reinhard Meyer, der Präsident des Deutschen Tourismusverbands (DTV), in dem Tourismusorganisationen im Inland organisiert sind. Durch eine Entzerrung würde sich die Nachfrage zeitlich besser verteilen, Verkehrswege würden entlastet, Urlaubsziele ebenso.
Für Flugreisen ins Ausland gelte dasselbe, heißt es vom Urlaubskonzern TUI . „Ferien über einen großen Zeitraum zu verteilen, das hilft Hotels und Flüge fairer für alle auszulasten“, sagt ein TUI-Sprecher.
Was fordern Touristiker für künftige Sommerferien?
„Wir sind mit der derzeitigen Regelung unzufrieden und fordern für den Zeitraum von 2031 an einen Ferienkorridor von mindestens 90 Tagen“, sagt DTV-Präsident Meyer. Bis 2030 wird dieser Wunsch bei Weitem nicht erfüllt – mit einer Ausnahme: 2029 beginnen im bevölkerungsärmeren Mecklenburg-Vorpommern die großen Ferien sogar schon vor dem kalendarischen Sommeranfang. Dadurch ergibt sich einmalig über alle Bundesländer ein Ferienkorridor von 87 Tagen.

Damit das die Regel wird und nicht die Ausnahme bleibt, fordert der DTV auch ein Ende des süddeutschen Sommerferien-Sonderwegs. „In einem föderalen System sollte die Ferienplanung solidarisch ablaufen und zwischen den Ländern wechseln, wer zuerst in die Sommerferien startet“, sagt Meyer. Es sei notwendig, dass sich alle am sogenannten rollierenden System beteiligten und es keine Extrawürste mehr gebe.
Fürsprache erhält die Branche von Tourismuskoordinator der Bundesregierung, Christoph Ploß (CDU). Für ihn spreche “sehr viel für mehr Flexibilisierung und eine Entzerrung der Ferien”, sagte Ploß der “Bild“. Eine Rotation unter allen Bundesländern würde mehr Gerechtigkeit und auch Abwechslung schaffen. „Jeder würde mal schon im Juni oder erst im September urlauben.“
Haben Bayern durch die späten Ferien einen Preisvorteil im Urlaub?
Das lässt sich nicht eindeutig sagen. „Tendenziell sehen wir, dass Urlauber, die zum Ende der Sommerferien verreisen, etwas günstigere Preise bekommen. Das gilt aber unabhängig vom Bundesland“, sagt der TUI-Sprecher. Zu erklären sei das damit, dass es in vielen Familien üblich sei, zeitnah nach der Zeugnisvergabe aufzubrechen. Somit sei regional die Nachfrage zum jeweiligen Ferienauftakt besonders hoch.
Mit dem späten Ferienende in Süddeutschland sei aber auch verbunden, dass dann in anderen Ländern die Reisehauptsaison schon vorbei sei. Einen möglichen Preisvorteil voll ausschöpfen zu können, könne von Urlaubern aus Bayern aber auch mehr Flexibilität erfordern.
Das bedeute mitunter, von einem Flughafen außerhalb Bayerns – zum Beispiel Leipzig oder Frankfurt, wo die Ferienwelle dann schon abgeebbt sei – in den Urlaub zu starten. Bei vielen Pauschalreisen ist eine Bahnfahrt zum Startairport schon im Reisepreis enthalten. Als Nachteil bleibt jedoch, dass der Weg zum Urlaubsort länger dauert, wenn vor dem Hinflug eine Bahnfahrt zu einem entfernteren Airport steht.