Neuer EU-Finanzrahmen: Viel Geld für Rüstung

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Verteidigung soll eine neue Priorität im EU-Haushalt werden. Nun gibt es auch eine Zahl dafür: 131 Milliarden Euro will die EU-Kommission dafür und für die Weltraumprogramme zwischen 2028 und 2034 aufwenden. So hat sie es den Mitgliedstaaten in ihrem Entwurf für den mittelfristigen Finanzrahmen vorgeschlagen. Das ist viel Geld, fünfmal so viel, wie im laufenden Finanzrahmen für beides bereitsteht. In keinem anderen Bereich des insgesamt fast 2-Billionen-Euro schweren Vorschlags sind solche Steigerungen vorgesehen.

Wie die Kommission auf diese Summe kommt, wie viel davon für Rüstung und wie viel für den Weltraum vorgesehen ist, welche künftigen Programme es geben soll – das konnte ein EU-Spitzenbeamter am Donnerstag allerdings nicht erklären. Der Mann sprach über „Fle­xibilität“, ein „ständiges Nachdenken“, ei­nen „Dialog mit den Mitgliedstaaten“. „Wir sind zuversichtlich, dass der Mittelansatz unserem Anspruchsniveau entspricht“, sagte er.

Das war erstaunlich ungenau für einen Plan, an dem seit dem Antritt der neuen EU-Kommission im Dezember gefeilt worden ist. Es legte zugleich ein generelles Problem offen: Bis zuletzt war um Zahlen gerungen worden, alle wesentlichen Entscheidungen fielen im engsten Zirkel der Präsidentin Ursula von der Leyen, die Kommissare erfuhren erst Minuten vor der entscheidenden Kommissionssitzung, wie viel Geld ihnen zugedacht wird. In den ersten Präsentationen am Mittwoch, mehrmals aufgeschoben, standen dann un­terschiedliche Werte; sie ergaben auch nicht jene 2 Billionen, von denen von der Leyen sprach. Kenner konnten sich nicht daran erinnern, dass eine Haushaltspräsentation schon einmal so chaotisch verlaufen war.

Künftig „Leuchtturmprojekte“ mit hohen Zuschüssen

Im aktuellen Finanzrahmen ist der Sektor Verteidigung überschaubar: 12 Milliarden Euro standen für sieben Jahre zur Verfügung, aufgeteilt auf mehrere Programme. Der größte Teil davon ist der Europäische Verteidigungsfonds mit 8 Milliarden Euro. Damit werden die Forschung und Entwicklung von Rüstungsprojekten gefördert. Außerdem gibt es ein Programm für militärische Mobilität mit 1,7 Milliarden Euro. Dieses Geld fließt in In­frastrukturprojekte, die sowohl zivil als auch militärisch genutzt werden können, etwa die Ertüchtigung von Straßen, Brücken und Tunneln für mili­tärische Schwerlasttransporte. Daneben gibt es weitere Programme, die erst nach dem russischen Überfall auf die Ukraine aufgelegt wurden: zur Ausweitung der Produktion von Artillerie­munition und für die gemeinsame Beschaffung von Rüstungsgütern.

Künftig soll die Summe von 131 Milliarden Euro Teil eines noch größeren Fonds zur Förderung der Wettbewerbsfähigkeit sein, der insgesamt 410 Milliarden Euro umfasst. Die Kommission brüstet sich damit, wie sie nun die Strukturen verschlankt und einheitliche Förderkriterien schafft, mit denen die Mittelvergabe schneller und unbürokratischer erfolgen soll. Doch ist das gerade im Rüstungsbereich überaus heikel: Die Mitgliedstaaten haben bei jedem Programm Monate lang darum gerungen, inwiefern Drittstaaten und deren Hersteller teilnehmen dürfen und welcher Mindestanteil der Wertschöpfung in der EU erfolgen muss. Man werde darauf aufbauen, sagte der Beamte, wieder ausweichend. Das Gros der Mittel müsse natürlich der europäischen Industrie zugutekommen.

Klar erscheint momentan nur, dass die Union deutlich mehr Geld einsetzen kann, um die Beschaffung von Rüstungsgütern aus Zuschüssen zu fördern – bisher waren das lediglich 1,8 Milliarden Euro. Das SAFE-Programm umfasst zwar 150 Milliarden Euro, doch handelt es sich dabei nur um zinsgünstige Kre­dite für die gemeinsame Beschaffung von Rüstungsgütern. Künftig soll es aber auch „Leuchtturmprojekte“ geben, die mit hohen Zuschüssen gefördert werden: Entwicklungs- und Beschaffungsvorhaben, die sich einzelne Mitgliedstaaten nicht leisten könnten und die einen Mehrwert für die Sicherheit der gesamten EU bringen. Als Beispiele nannte der Beamte einen Raketen­abwehrschild, die satellitengestützte militärische Aufklärung und die Härtung der östlichen Flanke. Darüber werde man nun mit den Staaten reden. Das dürfte dazu führen, dass die Debatte über Eurobonds für Verteidigung auf Eis gelegt wird. Denn damit sollten ja genau solche Projekte finanziert werden.

Die militärische Mobilität gehört nicht zu dem Wettbewerbsfonds, sondern – wie bisher – zu einem Topf, aus dem grenzüberschreitende Verkehrsverbindungen gefördert werden. Diese Mittel sollen sogar um das Zehnfache steigen, auf 17 Milliarden Euro. Sie waren im aktuellen Finanzrahmen stark zusammengestrichen worden – und dann so schnell ausgegeben, dass eine Finanzierungslücke entstanden ist. Dass die Staaten in den folgenden Verhandlungen wieder die Verteidigung zusammenstreichen, ist eher unwahrscheinlich. Denn diesmal teilen alle diese Priorität, während das Thema beim letzten Mal kaum jemandem auf den Nägeln brannte.