Es gab einige amerikanische Stellungnahmen zur annullierten Präsidentschaftswahl im vergangenen November, aber das war nicht die offizielle Position des Weißen Hauses, sondern die Meinung einzelner Personen. Später behaupteten einige populistische Kandidaten hier in Rumänien, sie hätten die Unterstützung der US-Regierung, aber das traf nicht zu. Sie sind in die USA gereist, wo sie Lobbyfirmen hatten, und haben es geschafft, einige Podcast-Interviews zu geben. Aber das war alles. Wir haben eine strategische Partnerschaft und eine gute militärische Kooperation mit den USA. Es ist wichtig, dass das so bleibt.
Bei Constanța am Schwarzen Meer ist einer der größten NATO-Stützpunkte Europas im Bau. Haben die weit verbreiteten Zweifel an der Bündnistreue der USA Einfluss auf die Pläne für diesen Stützpunkt?
Beim letzten Treffen in Den Haag haben die NATO-Staaten beschlossen, ihre Verteidigungsausgaben zu erhöhen. Ich denke, das macht einen amerikanischen Rückzug aus der NATO weniger wahrscheinlich. Unsere Investitionen in die Mihail-Kogălniceanu-Basis werden wie geplant fortgesetzt, damit sie Truppen aus den USA und anderen Verbündeten und Partnern aufnehmen kann.

Wir sind sehr interessiert an dem, was in der Republik Moldau passiert. Dort haben etwa eine Million Menschen auch die rumänische Staatsbürgerschaft. Wir werden sie auf vielen Ebenen unterstützen. Es gibt bereits Verbindungen zwischen unseren Gas- und Stromnetzen, und weitere Projekte für die Zukunft, auch in der Infrastruktur, sind geplant.
Sie gelten nicht als Populist, aber selbst Sie haben gesagt, dass Sie unter bestimmten Bedingungen eine Vereinigung der Republik Moldau mit Rumänien unterstützen. Da es in Moldau keine Mehrheit dafür gibt – was ist der Sinn solcher Aussagen?
Es gab 1918 eine Vereinigung zwischen Rumänien und Moldau, und es gibt einen Beschluss des rumänischen Parlaments von 2018, zum 100. Jahrestag dieses Ereignisses. Der besagt: Ist die Republik Moldau zu einer Vereinigung bereit, wird auch Rumänien bereit sein. In der Republik Moldau unterstützen etwa 35 Prozent eine Vereinigung. Solange ein wesentlicher Teil der Bürger unseres Nachbarlandes die aktuelle Staatsform unterstützt, wird Rumänien nichts unternehmen. Ich persönlich wünsche mir eine Vereinigung mit Moldau, aber ich respektiere vollkommen den Willen der Menschen in der Nachbarrepublik.
Ich habe ein sehr geometrisches Verständnis von Dingen. Die Frage des Populismus ist nicht oder nur zu einem sehr kleinen Teil ideologisch. Es geht vor allem um Vertrauen in die Behörden. Das hängt mit den wirtschaftlichen Bedingungen der Menschen zusammen und damit, ob sie ihre Gesellschaft als gerecht empfinden. In Rumänien empfinden die Menschen auf vielen Ebenen Ungerechtigkeit. Sie sehen Korruption, klein und groß. Sie sehen, dass Menschen für die gleiche Arbeit unterschiedlich bezahlt werden. Aber wir können etwas dagegen tun. Unsere Wirtschaftsleistung hat sich in den letzten zehn Jahren verdoppelt. Wir haben EU-Fördermittel, und wir stehen kurz davor, 2026 Mitglied der OECD zu werden. Ich bin daher sehr optimistisch, was das wirtschaftliche Potenzial Rumäniens angeht. Ich glaube auch, dass wir mittelfristig Erfolge im Kampf gegen die Korruption erzielen werden, sodass wir das Vertrauen in die Behörden stärken und Ungerechtigkeiten der Vergangenheit beseitigen können. Als ich 2020 Bürgermeister von Bukarest wurde, vertrauten nur 30 Prozent der Bukarester den lokalen Behörden. Nach vier Jahren lag der Wert bei 60 Prozent. Das ließ den Populisten wenig Raum. Als ich im vorigen Jahr als Bürgermeister wiedergewählt wurde, kandidierten auch Populisten gegen mich. Sie bekamen aber nur zehn Prozent der Stimmen.
Ihr Vorgänger im Präsidentenamt, Klaus Johannis, wird der Vergeudung von Steuergeldern bezichtigt, etwa für Luxusflüge in Großraumjets rund um die Welt mit unerklärten Zwischenstopps. Wird es eine Untersuchung zum finanziellen Gebaren Ihres Vorgängers geben?
Das wurde bereits vom damaligen Interimspräsidenten und jetzigen Regierungschef Ilija Bolojan untersucht. Es wurde festgestellt, dass der Preis für bestimmte Flüge viel zu hoch war angesichts der rumänischen wirtschaftlichen Verhältnisse. Ich habe gerade angekündigt, dass wir das Budget der Präsidialverwaltung um 20 Prozent kürzen werden. Ich persönlich verdiene jetzt übrigens auch weniger. Als Bürgermeister von Bukarest habe ich mit Zulagen 21.000 Lei (etwa 4.100 Euro) im Monat verdient, jetzt sind es 15.500 Lei (etwa 3.000 Euro).
Rumänien war lange ein Selbstbedienungsladen für die politischen und administrativen Eliten des Landes, die sich exorbitante Zulagen, Sonderpensionen und Sinekuren zuschanzten. Lässt sich das mit rechtsstaatlichen Mitteln überhaupt rückgängig machen, etwa bei Pensionen?
Eine sehr schwierige Frage. Nehmen wir den Fall der Richter. In den 1990er Jahren wurde ein Gesetz verabschiedet, das Richtern erlaubte, nach nur 25 Dienstjahren in den Ruhestand zu gehen. Warum? Weil wir viele Richter aus der kommunistischen Zeit hatten, die wir loswerden mussten. Dieses Gesetz hätte später geändert werden müssen, aber das ist nie passiert. Richter erhalten bei uns Pensionen, die höher sind als ihr letztes Gehalt. Es gibt also einen wirtschaftlichen Anreiz, so früh wie möglich in Rente zu gehen. Was in den 1990er Jahren gut war, um kommunistische Richter loszuwerden, führt heute dazu, dass auch gute Richter so früh wie möglich aus dem Staatsdienst ausscheiden. Die Regierung muss das ändern. Es ist absurd, dass Menschen höhere Pensionen als Gehälter bekommen.
Wie realistisch sind solche Reformen, wenn Rumäniens Sozialdemokratische Partei, die wie keine andere politische Kraft im Land in den letzten 30 Jahren für eine kleptokratische Regierungsform stand, Teil der Regierung ist?
Was ich nach zwei Monaten sagen kann: Die Sozialdemokraten waren bisher äußerst korrekt. Natürlich gibt es Einzelne, die öffentlich bestimmte Dinge sagen, aber die Partei war in den Koalitionsgesprächen und in der Regierung selbst höchst korrekt. Das ist wichtig, denn wir müssen die Zeit der großen Defizite überwinden und das Vertrauen der Märkte gewinnen. Dafür brauchen wir eine stabile Regierung. Da wir eine ausgewogene Koalitionsvereinbarung zwischen den vier Parteien haben, bin ich optimistisch, dass alle Partner in der Koalition bleiben.
Eines der langjährigen Probleme Rumäniens ist die mangelnde politische Kontrolle der Geheimdienste. Kann es der jetzigen Regierung gelingen, das Treiben der Dienste endlich einzuhegen?
Laut rumänischer Verfassung schlägt der Präsident die Leiter des Inlands- und des Auslandsgeheimdienstes vor. Ich habe vor, zwei Personen zu nominieren, die weder aus den Geheimdiensten noch aus der Politik kommen. Ich hoffe, dass sich die Dinge mit der Zeit verbessern. Es geht hier um die Frage der Einmischung dieser Dienste in das politische Leben.
Gab es auch eine Einmischung der Dienste in die annullierte Präsidentschaftswahl 2024?
Sie haben sich nicht genug eingemischt!