Was erlaubt sich Nordrhein-Westfalen bei den Sommerferien?

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Soso, NRW hätte also „auch gerne mal einen späteren Ferienstart“. Diesen so harmlos erscheinenden Wunsch hat Nordrhein-Westfalens Bildungsministerin Dorothee Feller geäußert und damit die diesjährige Diskussion zum Thema Ferientermine eröffnet. Die bricht in jedem Sommerloch mit solcher Zuverlässigkeit aus wie der Geysir „Old Faithful“, fällt danach aber auch so schnell und ohne weitere Folgen wieder in sich zusammen wie die Wasserfontäne im Yellowstone-Nationalpark oder auch die ebenfalls periodisch wiederkehrende Debatte um die sogenannte Sommerzeit.

Dieses Schicksal ist auch dem jüngsten Ferienvorstoß aus Düsseldorf beschieden, der einen unerhörten Versuch darstellt, in das bayerische Genom einzugreifen. Denn das überbevölkerte NRW könnte – seiner merkwürdigen Meinung nach – nur dann spät in die Sommerferien ziehen, wenn die Bayern schon die Liegen an den Stränden Malles und Italiens geräumt hätten. Die Freistaatler müssten also im Sommer früher mit der Schule aufhören und im Herbst früher wieder anfangen, was aber ganz und gar unmöglich ist, weil der bayerische Ferienrhythmus „fest in der DNA der Bayern drin“ steckt, wie es der bayerische Ministerpräsident darlegte.

Auf dem Oktoberfest nur noch Grüner Tee?

Darlegen musste. Den traditionellen Ferientermin hatte wahrscheinlich schon Bismarck Ludwig II. zugesichert (neben dem üppigen Schmiergeld), um den bayerischen König für die Reichsgründung zu gewinnen. Der Ferienverlegung könnte ein noch nicht amtsmüder bayerischer Regierungschef so wenig zustimmen wie der Forderung, dass auf dem Oktoberfest nur noch grüner Tee ausgeschenkt werden darf und die Schweinshaxen aus Tofu sein müssen.

Was erlauben NRW! Eher wird eine Professorin aus Potsdam, auf deren Kandidatur aus Münchner Sicht kein Segen liegt, obwohl der Bamberger Erzbischof nun zu Kreuze gekrochen ist, Richterin in Karlsruhe, als dass die Bayern sich einem Feriendiktat der armseligen Bayerngeldempfänger im Norden beugen! Es ist ja auch nur recht und billig, dass die bayerischen Urlauber von der günstigeren Nachsaison profitieren. Der Länderfinanzausgleich kann keine reine Einbahnstraße sein.

Und was soll man denn von der Behauptung halten, die bayerischen Kinder würden nicht mehr bei der Ernte gebraucht? Also, wir wissen ja nicht, wann in NRW der Hanf blüht. Die bayerischen Kinder aber sollen auch noch in den Sommerferien was fürs Leben lernen.

Jens Spahn hat sich einige Schmisse geholt

Dazu sollten auch unsere Politiker den Ferienfrieden nutzen. Im Streit um Frau Frauke Brosius-Gersdorf hat sich das schwarz-rote Bündnis ja nicht als Arbeitskoalition erwiesen, sondern als schlagende Verbindung, in der sich der Unionsfraktionschef Spahn einige Schmisse holte. Wollen die einfach so weitermachen wie die Ampel?

Es sollten alle schon einmal besser darauf achten, was sie sagen. Da könnten die Streithähne und -hennen sich ein Beispiel am Kanzler nehmen, der auch nicht mehr jeden Brocken aufpickt, den ihm die Presse hinwirft, so wie mit der „Drecksarbeit“ geschehen. Als Merz auf der Zugspitze mit Bezug auf die Causa Brosius-Gersdorf gefragt wurde, wann die Koalition „die Kuh vom Eis“ hole, gab der Kanzler trotz der verführerisch niedrigen Temperatur auf dem Gipfel die einzige richtige Antwort: „Da ist keine Kuh auf dem Eis.“

Man mag sich nicht vorstellen, welcher Sturm losgebrochen wäre, hätte der Kanzler sich auf diese Metapher eingelassen. Er wäre doch umstandslos zum Ehrenmitglied im „Männerklüngel“ (so die SPD-Politikerin Wegge) ernannt worden, der aktivistisch versuche, die umstrittene Kandidatin zu verhindern, was man beziehungsweise frau natürlich nicht dulden darf.

So aber kann Merz unbelastet in den Urlaub fahren und dort auch Kühe auf der Weide beobachten, er muss ja nicht sagen, an was oder wen er dabei denkt. Auch die „Fraktur“ folgt gerne dem Rat, den der Kanzler uns allen in der Sommerpressekonferenz gab, nämlich die Ferien zum Abschalten und zur Abkühlung zu nutzen. Wir wünschen allen gute Erholung von der Politik der vergangenen Monate und sagen: Auf Wiederlesen im August!