Es sind deutliche Worte von Oliver Blume. Worte, die so klingen, als ob der Porsche-Chef immer noch Zweifel daran hat, ob wirklich alle Mitarbeiter des Sportwagenherstellers den Ernst der Lage begriffen haben. In einem Brief an alle Kollegen kündigt Blume an, dass er von sofort an mit dem Gesamtbetriebsrat über ein zweites „Strukturpaket“ verhandeln wird, „um die Leistungsfähigkeit des Unternehmens langfristig abzusichern“. Das Schreiben hat die Kollegen des Managers am Freitagmorgen erreicht – per E-Mail, über die persönlichen Smartphones oder über die Monitore in den Werkhallen am Stammsitz in Stuttgart-Zuffenhausen und am Entwicklungszentrum in Weissach.
Der Anlass des Briefs, der der F.A.Z. vorliegt und der Porsche-Chef mit „Euer Oliver Blume“ unterzeichnet hat, hat die meisten Porsche-Mitarbeiter wohl nicht überrascht. Denn bereits im Frühjahr hat der Vorstand des Stuttgarter Unternehmens angekündigt, dass nach den Anfang des Jahres auf den Weg gebrachten Sparmaßnahmen in der zweiten Jahreshälfte ein weiteres Kostensenkungsprogramm folgen würde. Die Analyse der Situation, die Blume aber nun als Begründung für die Verschärfung des Sparkurses anführt, legt allerdings deutlicher als zuvor offen, wie groß die Schwierigkeiten gerade sind.
„Die Lage bleibt ernst. Unser Unternehme kämpft derzeit mit massiven Herausforderungen. Weltweit. Das macht sich bemerkbar. Beim Absatz und dem finanziellen Ergebnis, schreibt Blume in dem Brief. „Unser Geschäftsmodell, das uns über viele Jahrzehnte getragen hat, funktioniert heute nicht mehr in dieser Form. Unsere Rahmenbedingungen haben sich in kurzer Zeit massiv verschlechtert. Zudem entwickelt sich die Elektromobilität in vielen Märkten deutlich langsamer, als wir und viele Experten es noch vor Jahren erwartet hatten. Das alles trifft uns hart. Härter als viele andere Automobilhersteller.“ Blume hadert mit einer „Krise der Rahmenbedingungen“.
Flut an günstigen E-Autos in China und „dramatische Lage in den USA“
Konkret wird er bei drei Punkten. In China habe sich ein Massenmarkt für Elektroautos unterhalb des Premiumsegments entwickelt, während der Markt für Luxusprodukte „in kurzer Zeit förmlich zusammengebrochen ist“. Durch „massiv gestiegene Zölle und perspektivisch vor allem die aktuelle Kursentwicklung des Dollars“ habe sich die Lage auch in den USA „dramatisch verändert“. Der deutlich langsamere Hochlauf der Elektromobilität erfordere nun viel höhere Investitionen, weil Porsche jetzt Verbrenner und Hybridantriebe viel länger aktuell halten muss, die Renditen der Elektroautos aber weit unter denen der Verbrenner lägen.
Im Februar hatte Porsche Einzelheiten zu einer ersten Sparrunde bekannt gegeben. Der Hersteller richtet seine Kostenstrukturen auf eine Jahresproduktion von nur noch 250.000 Autos aus und baut bis 2029 rund 15 Prozent der Arbeitsplätze in Zuffenhausen und Weissach ab. Insgesamt sind das rund 3900 Stellen. Der Prozess hat schon vergangenes Jahr mit dem Auslauf von 1500 befristeten Verträgen begonnen, aktuell beschäftigt Porsche rund 24.000 Menschen. Eine Standortsicherung schließt betriebsbedingte Kündigungen bis 2030 aus. Die Stellen sollen über demographischen Wandel, Fluktuation sowie ein Altersteilzeitprogramm verringert werden. Zudem streicht das Unternehmen Sonderzahlungen.
Die neuen Maßnahmen, über die Oliver Blume nun verhandeln will, könnten weitere Sonderleistungen, zu den sich das Unternehmen in Betriebsvereinbarungen verpflichtet hat, kippen. Wie hart Porsche sparen muss, werden die Halbjahreszahlen zeigen. Im ersten Quartal sank der operative Gewinn um mehr als 40 Prozent und das Unternehmen korrigierte die Prognose für das Gesamtjahr: Für 2024 erwartet es nicht mehr eine Umsatzrendite zwischen zehn und zwölf, sondern nur noch eine Marge zwischen 6,5 und 8,5 Prozent. Das zur Jahresbilanzpressekonferenz im März ausgegebene Ziel von 15 bis 17 Prozent zum Ende der Dekade erscheint vor dem Hintergrund ehrgeizig, der langfristige Plan von 20 Prozent utopisch.