Taliban sollen Konsularbeamte nach Deutschland entsenden

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Die Bundesregierung will nach Informationen der F.A.Z. zwei vom islamistischen Taliban-Regime entsandte Konsularbeamte akkreditieren, die an der afghanischen Botschaft in Berlin und dem Generalkonsulat in Bonn tätig sein sollen. Sie sollten künftig die Abwicklung von Abschiebungen afghanischer Straftäter ermöglichen, hieß es in Berlin. Die beiden Beamten befinden sich demnach bereits im Akkreditierungsprozess und könnten „bald“ nach Deutschland einreisen.

Das Taliban-Regime hatte dies als Gegenleistung für die Ermöglichung eines Abschiebeflugs verlangt, der am Freitagmorgen in Leipzig mit afghanischen Straftätern an Bord gestartet war. 81 vollziehbar ausreisepflichtige afghanische Männer waren nach Angaben der Bundesregierung an Bord der Maschine nach Kabul. Ende August vergangenen Jahres hatte die Ampel-Koalition bereits einen ersten Abschiebeflug nach der Machtergreifung der Taliban organisiert. Damals waren 28 Personen an Bord. Die schwarz-rote Koalition hatte sich in ihrem Koalitionsvertrag das Ziel gesetzt, das fortzusetzen: „Nach Afghanistan und Syrien werden wir abschieben – beginnend mit Straftätern und Gefährdern.“

Wie schon beim ersten Flug war die Bundesregierung auf Vermittlung aus Qatar angewiesen. Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) bedankte sich am Freitag ausdrücklich bei dem Emir des Landes. In den Verhandlungen zu dem Flug nahmen aber auch die Taliban eine selbstbewusste Position ein. Das Außenministerium in Kabul sprach am Freitag von „detaillierten Diskussionen“ zwischen dem „Islamischen Emirat Afghanistan“ und Deutschland. Das Ministerium habe Dokumente für die 81 abgeschobenen Afghanen ausgestellt.

Auch die Taliban-Regierung dankte Qatar für die Vermittlung. Zugleich äußerte sie, es werde weitere Diskussionen geben, um Konsulardienste für Afghanen in Deutschland anzubieten. Dahinter verbirgt sich die Vereinbarung zwischen Kabul und Berlin zur Entsendung zweier Konsularbeamter nach Deutschland. Sie sollen formal keine leitende di­plomatische Funktion ausfüllen. Die afghanische Botschaft in Berlin verfügt aber derzeit weder über einen Botschafter noch über einen Gesandten. Es obliegt der Botschaft selbst, wen sie als Chargé d’affaires einsetzt. Die Bundesregierung könnte also nicht verhindern, wenn der Taliban-Beamte diese Funktion übernähme.

Weiterhin keine formale Anerkennung des Regimes

Eine formale Anerkennung des Regimes sei mit einer Akkreditierung der Konsularbeamten nicht verbunden, hieß es in Berlin. Merz sagte am Freitag, es werde „bis auf Weiteres bei technischen Abstimmungen bleiben“. Dennoch wäre Deutschland das erste EU-Land, das einen solchen Schritt geht. Nur das Nicht-EU-Land Norwegen hat in Europa bislang einen von den Taliban entsandten Diplomaten als Geschäftsträger der Botschaft in Oslo akkreditiert.

Die Namen der ausgewählten Konsularbeamten hatte die Taliban-Regierung bereits vor einiger Zeit an Berlin übermittelt. Es soll sich um Personen handeln, die in der Vergangenheit schon im Konsulardienst der international unterstützten Vorgängerregierung tätig waren und Englisch sprechen. Sie sollen bisher nicht als Extremisten in Erscheinung getreten sein. Deutschland hat bisher stets davon gesprochen, lediglich „technische“ Gespräche mit dem Islamisten-Regime zu führen.

Der Botschafter der Taliban in Qatar hatte mehrfach über Gespräche mit dem für Afghanistan zuständigen deutschen Diplomaten Rolf Dieter Reinhard berichtet, der das deutsche Verbindungsbüro in Doha leitet. Nach Information der F.A.Z. befand er sich am Freitag in Afghanistan. Die deutsche Botschaft in Kabul ist seit der Machtergreifung der Taliban geschlossen. Reinhardt reist vereinzelt nach Kabul. Russland ist das einzige Land, das die Taliban als legitime Regierung anerkennt. Sieben Länder haben einen von den Taliban entsandten Botschafter akkreditiert.

Über Qatar sollen die Deutschen die Listen mit den Kandidaten für die Abschiebung erhalten haben. Das hessische Innenministerium teilte mit, aus Hessen seien neun Afghanen dabei gewesen im Alter zwischen 26 und 38 Jahren. Sie seien unter anderem wegen eines versuchten Tötungsdeliktes, gefährlicher Körperverletzung, Sexualstraftaten und Drogenhandels verurteilt worden. Es sollen weitere Abschiebe-Flüge folgen. „Abschiebungen nach Afghanistan müssen auch zukünftig gesichert stattfinden können“, sagte Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) am Freitag. „Es gibt kein Aufenthaltsrecht für schwere Straftäter in unserem Land.“