Die „Kompetenzlücke“ in den deutschen Unternehmen wächst

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Der Fortschritt digitaler Technologien und Künstlicher Intelligenz (KI) wälzt Un­ternehmen und Geschäftsmodelle um. Das schafft zwar auch Chancen, zunächst aber fordert es die Menschen in den Unternehmen ungewohnt heraus. Und zugleich bleiben hiesige Unternehmen im Umgang damit weiterhin in vielerlei Hinsicht hinter amerikanischen zurück: Als alltägliches Werkzeug wird KI nur von einer Minderheit der Beschäftigten genutzt, und trotz Kompetenzlücken wird eher wenig in Weiterbildung investiert.

Diese Befunde liefern Erhebungen der Unternehmensberatung McKin­sey, die diese in ihrem neuen „HR-Monitor 2025“ präsentiert. In den Vereinigten Staaten nutzen demnach schon 76 Prozent der Beschäftigten für die Arbeit regelmäßig sogenannte generative KI, also Dienste wie ChatGPT. Zwei Drittel tun das täglich oder mehrmals pro Woche. Letzteres trifft in Europa nur auf 23 Prozent zu. Regelmäßig, also zumindest einmal im Monat, greifen 36 Prozent der hiesigen Beschäftigten darauf zu.

Die Erhebung stützt sich auf Angaben von 2000 Unternehmen und 4000 Beschäftigten, darunter 1000 in Deutschland. Sie zeigt auch, dass hiesige Unternehmen wachsende Kompetenzlücken in den Belegschaften sehen: Nach Einschätzung der befragten Personalmanager verfügt ein Drittel der Beschäftigten nicht in vollem Umfang über die Kompetenzen, um den aktuellen Geschäftsanforderungen der Unternehmen zu entsprechen. Das gelte für neu eingestellte Mitarbeiter wie auch für solche, die schon länger im Unternehmen sind.

44 Prozent nehmen keine Kurse wahr

Trotzdem ist es offenbar so, dass in der schwierigen Wirtschaftslage auch die Fort- und Weiterbildung leidet. Dem Report zufolge gaben 44 Prozent der deutschen Arbeitnehmer an, im vergangenen Jahr an keinen Kursen teilgenommen zu haben, deutlich mehr als im Jahr zuvor. Allerdings wendeten die übrigen im Mittel immerhin 15 Tage dafür auf. Das ist im europäischen Vergleich ein guter Wert, wenn man ihn an den Angaben der Beschäftigten misst.

Für einige Länder zeigt die Erhebung indes dieses Phänomen: Die Zählung der Manager ergibt mehr Weiterbildungstage als die ihrer Beschäftigten, etwa in Spanien 31 Tage statt nur zwölf. Laut McKinsey liegt es daran, dass dort Weiterbildungen zwar gesetzlich vorgeschrieben sind, aber Beschäftigte öfter nicht zu Kursen erscheinen. In Deutschland zählten beide Seiten 15 Tage.

Auf jeden Fall sieht Julian Kirchherr, Ko-Autor der Studie und McKinsey-Partner in Berlin, allen Grund, auf diesem Feld nachzulegen. Andernfalls schwinde schleichend „die Grundlage für weiteren Unternehmenserfolg“. Gerade für digitale Transformationen brauche es „mo­tivierte und digital kompetente“ Belegschaften. „Deutsche Unternehmen sollten diese Entwicklung nicht verschlafen“, mahnt Kirchherr.