Apple, Samsung & Co. suchen Schutz vor Handelsstreit

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Führende Technologieunternehmen wie Apple, Samsung, Dell, Nokia oder der niederländische Halbleiterhersteller NXP haben ihre Lieferketten wegen wachsender Handelskonflikte diversifiziert. Statt ihre Fertigung wie in den goldenen Zeiten der Globalisierung hauptsächlich auf China zu stützen, setzen sie verstärkt auf Standorte in anderen asiatischen Ländern. Das zeigt eine Studie des auf Lieferkettendaten spezialisierten Beratungsunternehmens Everstream Analytics für die Jahre 2019 bis 2024.

Wir erinnern uns: US-Präsident Donald Trump, der den Welthandel aktuell mit Einfuhrzöllen sowie mit speziellen Zöllen etwa auf Stahl und Autos auch aus Europa unter Druck setzt, hatte schon während seiner ersten Amtszeit im Jahr 2018 einen Handelskonflikt entfacht, der damals auf China abzielte. Hinzu kommt, dass internationale Hersteller während der Corona-Pandemie mit Lieferengpässen zu kämpfen hatten, weil China strenge Lockdowns verhängt hatte. Auf diese Entwicklungen haben internationale Techriesen reagiert und Fabriken in Ländern wie Indien, Malaysia, Thailand, Vietnam oder Taiwan aufgebaut. Dabei geht es um populäre Hightechprodukte wie Smartphones, Laptops, Computer oder Smartwatches.

Dadurch hat sich die Zahl der Fabriken internationaler Techhersteller in China von 2019 bis 2024 um zwölf Prozent verringert. Trotzdem ist die Volksrepublik mit 542 verbliebenen Fabriken immer noch das mit Abstand wichtigste Produktionsland für die Techbranche. In den USA zum Beispiel gab es 2024 nur etwas mehr als 100 solcher Fabriken, was einem Rückgang um zwei Prozent gegenüber 2019 entspricht. In Japan hat sich die Zahl der Techfabriken im gleichen Zeitraum sogar um 13 Prozent auf 131 verringert und ist damit noch etwas stärker gesunken als in China. Besonders auffällig ist das starke Wachstum der Zahl von Fabriken in drei Ländern: In Vietnam wuchs sie auf 90 und in Thailand auf 54 Standorte, was jeweils einer Verdopplung gegenüber 2019 entspricht. In Indien stieg die Zahl der Fabriken um 85 Prozent auf 24 im vergangenen Jahr.

Lieferketten lassen sich nicht über Nacht umleiten

Der Umbau von Lieferketten ist eine langfristige Angelegenheit. Laut Everstream-Fachmann Mirko Woitzik dauert es je nach Branche 18 bis 24 Monate, um einen neuen Lieferanten aufzubauen. „Niemand wird China in den kommenden zehn Jahren komplett ersetzen können“, sagt er. Redundanzen in den internationalen Lieferketten gebe es nur begrenzt, weil es sehr aufwendig für einen Hersteller sei, für ein und dasselbe Zulieferteil mit mehr als einem Lieferanten zusammenzuarbeiten. Denn dazu gehören auch aufwendige Qualitätsprüfungen sowie eine zeit- und kostenintensive Zusammenarbeit auf technischer Ebene.

Die Zahlen zeigen, dass die Globalisierung zumindest mit Blick auf die führenden Techunternehmen bisher nicht zurückgedreht wurde. Denn statt Fabriken aus China zurück in die Heimat zu verlagern, forcieren sie die Produktion in anderen asiatischen Ländern. „US-Hersteller wie Apple haben den größten Teil ihrer Lieferanten in Asien belassen“, heißt es in der Everstream-Studie. Aufhorchen lässt in diesem Zusammenhang aber eine Ankündigung Apples, 500 Millionen Dollar in den amerikanischen Minenbetreiber MP Materials zu investieren. Dabei geht es darum, sich unabhängiger von China zu machen.

US-Präsident Trump hatte zuvor gefordert, die Produktion von iPhones nach Amerika zu holen. Apple will nun in den Vereinigten Staaten aus Seltenen Erden hergestellte Magnete aus dem texanischen Werk von MP Materials beziehen. Seltene Erden sind Rohstoffe, die für Hightechprodukte unverzichtbar sind. China, der bisherige Hauptlieferant für solche kritischen Materialien, hatte die Ausfuhr Seltener Erden als Reaktion auf den Handelsstreit vorübergehend zurückgefahren.

Dass Techunternehmen immer noch so stark auf Produktion in Asien setzen, erklären die Everstream-Lieferkettenfachleute mit den Standortvorteilen, die Indien, Malaysia, Vietnam, Thailand und Taiwan bieten. Worin bestehen diese?

Indien zum Beispiel lockt nicht nur mit seinem Heer an qualifizierten und billigen Arbeitskräften vor allem für die Produktion von Smartphones und Laptops, sondern auch mit der Größe des dortigen Absatzmarktes. Malaysia besitzt gefragte Fähigkeiten für die Herstellung und den Test von Halbleitern, auch weil die dortige Regierung Hightech-Ansiedlungen fördert. Vietnam und Thailand ziehen Investoren zum Beispiel mit Steuervorteilen an. Vietnam hat sich als wichtiger Standort für die Herstellung von Smartphones und Laptops etabliert, während Thailand für Smartwatches und Computer Stärken bietet.

Taiwan hingegen spielt eine Sonderrolle, weil es nach chinesischer Definition eine Provinz der Volksrepublik ist und daher unter geopolitischer Spannung steht. Trotzdem ist Taiwans international führende Halbleiterindustrie mit dem Konzern TSMC an der Spitze kaum zu ersetzen. Zudem ist Taiwan laut der Everstream-Studie ein immer wichtigerer Lieferant von Zulieferteilen für Computer geworden.